das wird: „Viel Zeit und ein genauer Blick“
Eine Filmreihe würdigt das Hamburger Kollektiv „Die Thede“
Von Wilfried Hippen
In den frühen 1990er-Jahren schwamm ein Delfin im Hafen des nordenglischen Amble-by-the-Sea herum. Den Fischerort machte das zu einem beliebten Reiseziel für Tierfreunde, es kam eine kurze wirtschaftliche Blüte. Über all das drehte die Hamburger Filmemacherin Barbara Metzlaff 1992 einen schönen, 60 Minuten langen Dokumentarfilm: „Freddie The Dolphin“.
Eine so unspektakuläre, impressionistische und unkommerzielle Arbeit war in den 1990er-Jahren schwer zu realisieren. Aber in Hamburg gab es seit 1980 das Filmemacher*innen-Kollektiv „Die Thede“: Darin war es möglich, Filme zu machen, die ein*e einzelne*r kaum hätte finanzieren und produzieren können. Über 60 Filme sind dort in 37 Jahren entstanden; laut Selbstauskunft waren „der beobachtende Dokumentarfilm, Gegenöffentlichkeit, das experimentelle Kino, der ethnografische Blick“ wichtige Strömungen.
Weitere Merkmale ihrer Arbeitsweise, geht es nach den Thede-Leuten: „sorgfältige Recherche, Unabhängigkeit, viel Zeit und ein genauer Blick“. Nicht nur in diesem Sinne ist „Freddie The Dolphin“ ein Musterbeispiel für das Repertoire – umso folgerichtiger, dass der Film nun den Auftakt bildet für eine kleine Werkschau mit insgesamt zehn Thede-Produktionen. Barbara Metzlaff gehört übrigens immer noch zu der Gruppe, genauso wie Christian Bau, dessen Kurzfilm „Der Tote im Livestream“ vor ein paar Wochen ebenfalls im Metropolis lief (und an dieser Stelle gewürdigt wurde).
Produktion eingestellt
„die thede zeigt“ beginnt heute mit „Freddie The Dolphin“: 19 Uhr, Hamburg, Metropolis. Weitere Filme dann im Zweiwochentakt
Ihren letzten neuen Film hat Die Thede 2017 produziert: Als Gesellschaft aufgelöst, besteht sie seitdem als Verein weiter und arbeitet nun am Vertrieb der Filme. In diesem Zusammenhang hat die Kinemathek Hamburg, finanziell unterstützt von der Filmförderungsanstalt FFA, die analogen Bestände digitalisiert und restauriert.
Das Metropolis-Kino nun zeigt so etwas wie das „Best of Die Thede“. Im Programm findet sich etwa Jens Huckeriedes Dokumentation „Return of the Tüdelband“ (22. 5.) über die Hamburger Volksmusiker „Gebrüder Wolf“, die als Juden von den Nazis vertrieben wurden. Mit „Das Ding am Deich“ (20. 4.) nahm Antje Hubert im Jahr 2010 eine Bestandsaufnahme des langen Kampfes gegen das AKW Brokdorf vor.
„Lubitsch Junior“ (22. 6.) erzählt die Geschichte eines angeblichen Sohns des berühmten Regisseurs Ernst Lubitsch: Das Drehbuch von „To Be Or Not To Be“ will er geschrieben haben – war aber vielleicht bloß ein weiterer Nazi, der sich nach 1945 reinwaschen wollte. Diesen Film haben gleich fünf Filmemacher*innen in Co-Regie inszeniert. Dass so etwas überhaupt klappen kann, bestätigt so originell wie unterhaltsam, dass ein Kollektiv wie „Die Thede“ sehr gut funktionieren kann.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen