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das wetter: sinkende sträflinge

Das Boot bahnte sich mühsam den Weg durch den trüben, schmalen, verwachsenen Nebenarm des gewaltigen Amazonas. Feuchte Hitze ließ die Hemden auf den nassen Oberkörpern der zehn entflohenen Sträflinge durchsichtig erscheinen. Unzählige Moskitoschwärme quälten die aneinander geketteten Männer, und das Wasser brodelte von Millionen aufgepeitschter Piranhas, die sich wilde Kämpfe mit den hungrigen Riesenkrokodilen lieferten. Plötzlich brüllte einer der Männer: „Das Boot ist leck! Wasser strömt ein!! Wir siiiinken!!!“ Die panischen Schreie der todgeweihten Sträflinge durchdrangen grässlich den dichten Urwald, und wäre man dabei gewesen – sie hätten einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Doch gerade in dem Augenblick, als sie versanken, entdeckten sämtliche Sträflinge, dass sie sich gründlich vertan hatten. Erleichtert stellten die Gefangenen fest, dass sie sich noch auf ihren harten Pritschen in der Justizvollzugsanstalt befanden. Sie hatten sich nur eine spannende Geschichte erzählt.

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