das portrait: Boxerin Natalie Zimmermann unterliegt zum ersten Mal
Den 79-jährigen Udo Lindenberg als Personal Trainerin fit zu halten dürfte für Natalie Zimmermann keine allzu große Anstrengung sein – selbst wenn der auf gemeinsame Joggingrunden um die Hamburger Außenalster bei nächtlichen Uhrzeiten besteht.
Vollkommen gegensätzlich zu dieser lockeren sportlichen Betätigung ging es für die 42-jährige Zimmermann am Freitagabend im englischen Doncaster zur Sache: Da boxte sie gegen die 14 Jahre jüngere Terri Harper um den Weltmeistertitel der WBO, einer der vier großen Boxverbände.
Über alle zehn Runden des Kampfes hinweg war Zimmermann jedoch letztlich chancenlos gegen die Engländerin. Schon ab der ersten Runde musste sie viele Schläge einstecken, sobald sie sich Harper näherte. Aufgeben jedoch war für sie keine Option: Immer wieder versuchte sie sich engagiert zurückzukämpfen, ging vorwärts und setzte zu Schlagkombinationen an. Und das auch noch, als sie in der letzten Runde durch eine Platzwunde über dem rechten Auge schon arg lädiert wirkte, nachdem Harper und Zimmermann unglücklich mit dem Kopf zusammengestoßen waren. Gegen die deutlich schnellere und härter schlagendere Engländerin brachte das zwar nicht viel ein, sorgte aber für ein ansehnlichen und technisch anspruchsvollen Kampf.
Dabei kam Zimmermann, die in Ostholstein aufgewachsen ist, erst spät zum Boxsport. Vom Taekwando wechselte sie zunächst zum Kickboxen. Dort blieb sie zehn Jahre, wurde sogar in die Nationalmannschaft berufen und 2019 auch noch Vizeweltmeisterin. Erst daraufhin, mit 37 Jahren, folgte der Weg zum Boxen. Seither hat sie sich eine makellose Bilanz erkämpft: In den ersten 14 Kämpfen blieb sie unbesiegt, drei davon gewann sie durch K. o. Den ersten Weltmeistertitel, im Superleichtgewicht nach der Version des Verbandes WIBF, konnte sie 2023 gewinnen.
Anders als bei all ihren Kämpfen zuvor ging Zimmermann am Freitag jedoch nicht als Favoritin in den Ring: Harper hatte als Lokalmatadorin nicht nur das Publikum hinter sich. Trotz ihres vergleichsweise jungen Alters hat sie die größere Boxerfahrung: In ihren bislang 15 Profikämpfen, von denen sie zwei verlor, hatte sie einige namhafte Gegnerinnen bezwungen, die in den Ranglisten weit oben standen. Und in ihrer vorhergehenden Amateurkarriere sprang bereits eine Silbermedaille bei den Jugend-Europameisterschaften heraus. André Zuschlag
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen