Donatella Versace feiert 70. Geburtstag: Ausnahmsweise ein Grund, den Luxus zu zelebrieren
Auch die taz gratuliert zum runden Geburtstag der italienischen Modezarin. Nicht zuletzt, weil sie das Konzept der Body Positivity frei interpretiert.
Spontan war das nicht – die Prominenten erhalten die Fragen vorab, um sich passende Konter zurechtlegen. Doch die Antwort verrät viel über das Arbeitsethos der Italienerin, die am 2. Mai ihren 70. Geburtstag feiert und, auch das eine der Interviewantworten, selbst nicht nähen kann.
Denn das brauchte sie nie zu lernen: Als ihr Bruder Gianni Versace, dessen hemmungslos in Opulenz schwelgenden Designs das Label groß gemacht hatten, 1997 von einem Serienmörder und Callboy umgebracht wurde, war die damals 42-jährige studierte Wirtschaftswissenschaftlerin und zweifache Mutter längst seine wichtigste Beraterin, gestalterische Kollaborateurin und beste Freundin. Die enge Bindung der Geschwister zeigte sich auch in Giannis Parfumkreation „Blonde“, die er ihr widmete. Es heißt, sie habe sich bereits mit elf Jahren auf sein Anraten hin die Haare blondiert. Später war sie maßgeblich an der Verbindung von Modefotografie und Mode beteiligt: „Ich schaue mir Kleidung immer über Bilder an“, erklärte sie.
Nach Giannis Tod übernahm Donatella das Ruder und präsentierte schon ein Jahr später erfolgreich ihre erste Haute Couture-Show. Donatellas (und Giannis) Verständnis von Mode hat nichts mit der Zurückhaltung, der kühlen Eleganz anderer Haute-Couture-Häuser zu tun. Versace-Designs sollen auffallen, überwältigen, eine antik-erotisch aufgeladene Fantasiewelt beschwören – passend zum Logo, das den Kopf der Schlangengöttin Medusa symbolisiert.
Im März 2025 erklärte Versace ihren Rücktritt
Das von Donatella kreierte, mit Tropen-und Blattmuster bedruckte grüne „Jungle-Dress“, das Jennifer Lopez im Jahr 2000 zur Grammy-Verleihung trug, hat längst einen eigenen Wikipedia-Eintrag und gilt als Ikone des Designkunst. Der bis zum Bauch reichende, über den Brüsten unsichtbar festgeklebte Ausschnitt, dazu die flatternde Beinfreiheit ließen sich ebenso als feministisches Empowerment wie als klassisch-sexistischer Hingucker deuten. Doch dass Geri Halliwell von den Spice Girls das gleiche Kleid einen Monat zuvor trug und damit (trotz just beendeter Spice-Girls-Karriere) mitnichten die gleiche Aufmerksamkeit generierte, zeigt: Ein Kleid lebt vor allem durch seine Trägerin.
Lady Gaga widmete ihr 2013 den Song „Donatella“ – „I’m blonde, I’m skinny, I’m rich And I’m a little bit of a bitch / I wanna dress you up in silk taffeta“, heißt es darin, und er war als Kompliment gemeint: Donatella hat ihre Kampagnen neben Nicki Minaj, Beyoncé oder Jonathan Rhys-Myers auch mit Gaga geschmückt, die Frauen sind Freundinnen. Im März 2025 hat Donatella ihren Rücktritt von Versace erklärt, vermutlich will sie sich einfach mal ausruhen.
Oder noch ein bisschen in eigener Sache designen: Ihr umfassendes Verständnis von Gestaltung geht über das Stoffliche, das Vestimentäre hinaus und macht vor dem eigenen Körper nicht halt: Ihr künstlich wirkendes Gesicht, das grelle Make-up, die High Heels, die statueske Figur – all das kann man als Versuch sehen, einem vermeintlich unattraktiven Alter zu entkommen. Man kann es auch als Gestaltungsfreiheit lesen. Denn wer Body Positivity predigt, der muss genau genommen auch Botox Positivity meinen.
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