VfL Wolfsburg-Torhüterin Merle Frohms: Nur noch zweite Wahl
Nach ihrem Rücktritt aus der Nationalelf hat Merle Frohms beim VfL Wolfsburg ihren Stammplatz verloren. Der VfL hat andere Pläne – und Frohms auch.
![Merle Frohms steht mit einem Ball in den Händen auf einem Fußballplatz. Hinter ihr ist ein Fußballtor. Merle Frohms steht mit einem Ball in den Händen auf einem Fußballplatz. Hinter ihr ist ein Fußballtor.](https://taz.de/picture/7521566/14/455776426-1.jpeg)
Auf den ersten Blick sieht das richtig gemein aus. Merle Frohms, eben noch die Nummer 1 im Tor der deutschen Nationalmannschaft und des VfL Wolfsburg, wirkt wie auf das Abstellgleis des Frauenfußballs platziert.
Von der großen Bühne mit der Aussicht auf weitere Länderspiele hat sich die 30-Jährige selbst zurückgezogen. Im Verein ist die Gemengelage anders. Ihrer Ankündigung, den VfL Wolfsburg im Sommer verlassen zu wollen, folgt die Tücke, dort jetzt nur noch zweite Wahl zu sein. „Das sind ganz normale Prozesse“, sagt VfL-Trainer Tommy Stroot über den Fakt, dass er Anneke Borbe zu seiner neuen Stammtorhüterin erklärt hat.
Damit es nicht in Vergessenheit gerät: Merle Frohms gehört weltweit zu den besten Torhüterinnen ihrer Sportart. Sie hat 52 Länderspiele für Deutschland bestritten und wird dennoch nicht als Gallionsfigur in Erinnerung bleiben. Warum? Weil ihr sowohl in der Nationalelf als auch im Verein mit Almuth Schult eine herausragende Persönlichkeit im Weg gestanden hat. Und weil Merle Frohms nicht der Typ dafür ist, sich laut und dominant ihren Weg zu bahnen.
Ihren Rückzug aus der Nationalelf hat sie im September 2024 damit begründet, dass die großen Turniere für sie „körperlich und mental sehr fordernd“ gewesen seien. Das Ziel, mehr Zeit für Freunde, die Familie und den VfL Wolfsburg zu haben, wird Frohms nur in Teilen erreichen. Denn ihr Stammplatz im Verein ist plötzlich futsch – aus taktischen Gründen, wie es der strategisch agierende Stroot begründet.
Spielpraxis für die Nachfolgerin
Einer verdienten Spielerin wie Frohms nur noch einen Platz auf der Ersatzbank anbieten zu wollen, ist nur bedingt fies. Und nach Opfer sowie Täter suchen zu wollen, ist in diesem Fall müßig.
Fakt bleibt: Eine eben noch exponierte Spielerin wird den VfL Wolfsburg in Kürze verlassen. Ihr wird ein Wechselwunsch nach Manchester nachgesagt. Wer sich im Leistungssport zu solch einem Schritt entscheidet, muss auch mit kurzfristigen Konsequenzen rechnen.
Mit der 24 Jahre jungen Borbe wird in Wolfsburg die nächste Torhüterin auf große Momente vorbereitet und erhält Spielpraxis. „Wer mich kennt, der weiß genau, dass ich eine solche Entscheidung nicht aus dem Bauch heraus treffe“, sagt VfL-Trainer Stroot. Er bereitet mit der Beförderung von Borbe jetzt schon die kommende Saison vor und kann dabei auf Frohms keine Rücksicht nehmen.
Auf den letzten Metern ihres Karriereweges beim VfL Wolfsburg verdient Merle Frohms kein Mitleid, sondern Applaus. Sie war einst vom kleinen Städtchen Celle aufgebrochen, um im Sport Karriere zu machen. Vom VfL Wolfsburg über den SC Freiburg und Eintracht Frankfurt wieder zurück nach Wolfsburg: Dank dieser Stationen hat die Torhüterin sehr viel erreicht.
Wiedersehen in der Champions League?
Dass ihr nach Almuth Schult in der Nationalelf mit Ann-Katrin Berger eine weitere Rivalin im Weg gestanden hat und sie von ihr zuletzt verdrängt wurde, gehört zu den Risiken des bezahlten Sports. Beim VfL Wolfsburg hütet seit zwei Bundesligaspielen die aufstrebende Borbe das Tor und hat bisher kein einziges Gegentor kassiert.
Frohms hat sich zu der Personalrochade bisher nicht geäußert und verhält sich nach Angaben ihres Trainers sehr professionell. Und vielleicht wird sie wirklich noch benötigt. „Wir werden schauen, wann die Momente für Merle da sind, sodass wir sie nicht vergessen“, sagt Stroot über die erfahrene und bis vor wenigen Tagen noch so gefragte Frohms.
Der Verdacht liegt nahe, dass ihr nächster Verein zur europäischen Spitze zählt und weitere Bewährungsproben in der Champions League ermöglicht. Das würde als Gegnerin ein Wiedersehen mit dem VfL Wolfsburg ermöglichen – ob nun ein wütendes, ein pikantes oder ein schönes.
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