das portrait: Puk Norwood kann nicht eingebürgert werden
Ich bin in Freiburg geboren und aufgewachsen, aber meine Eltern kommen aus den USA. Als weiße Person habe ich nicht realisiert, dass ich Ausländer bin – bis ich mit 18 Jahren einen Anruf von der Polizei bekam. Ich sei illegal in Deutschland, wurde mir gesagt, weil ich mich nicht um meinen Aufenthaltstitel gekümmert hatte.
In Deutschland ist die Staatsangehörigkeit an die Familie geknüpft, in den USA daran, ob man dort geboren ist. Ich bin zwischen diesen beiden Ideen von Staatsbürgerschaft auf die Welt gekommen und gehöre zu den elf Millionen Erwachsenen, die in Deutschland nicht wählen dürfen.
Dabei war für mich immer klar, dass ich nach Deutschland gehöre. Mit 18 habe ich mich nur deshalb gegen die Einbürgerung entschieden, weil außer meinen Eltern und Geschwistern alle meine Verwandten in den USA leben. Meine Großmutter zum Beispiel. Mir war es wichtig, dass ich sie schnell besuchen kann, wenn sie krank wird, ohne erst ein Visum beantragen zu müssen. Aber dann wurde Trump US-Präsident. Seitdem macht es mir Angst, nur die US-Staatsbürgerschaft zu haben. Ich bin trans und mache gerade eine Transition. Es kann gut sein, dass ich eines Tages nicht mehr in die USA zurückkehren kann.
Aber seit die Ampel das Staatsbürgerschaftsrecht geändert hat, kann ich nicht mehr Deutscher werden. Auch vorher galt schon, dass Menschen sich nicht einbürgern lassen können, wenn sie Sozialhilfe beziehen. Aber es gab Ausnahmen für diejenigen, die nichts dafür können, dass sie auf solche Leistungen angewiesen sind. Das wurde gestrichen. Mich betrifft das, weil ich behindert bin und Eingliederungshilfe bekomme.
Die „guten“ und die „schlechten“ Migrant*innen auf diese Weise voneinander zu trennen, das geht gar nicht! Alle Menschen, die hier leben, sollten auch hier wählen dürfen. Das ist die einfache Antwort auf unsere komplexe globale Gesellschaft.
Ich engagiere mich in der Initiative Wahlkreis 100 %, die zum Bündnis Wir Wählen gehört. Unsere Gruppe hält in Freiburg symbolische Wahlen ab. In der ganzen Stadt stehen wir mit Wahlständen und laden die Menschen ein, daran teilzunehmen. Hier in Freiburg ist jede fünfte erwachsene Person wegen ihrer Staatsbürgerschaft von Wahlen ausgeschlossen. Wir zählen dann die Stimmen aus und übergeben die Ergebnisse an die Stadtpolitiker*innen. Wer an unseren Stand kommt und die deutsche Staatsbürgerschaft hat, kann parallel an einer Unterschriftenaktion für das Wahlrecht für alle teilnehmen.
Ich wünsche mir von der neuen Bundesregierung, dass sie Migration als etwas Positives anerkennt. Sie gehört zum Menschsein dazu.
Protokoll: Franziska Schindler
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