das portrait: Catalina Pérez ist neue Torhüterin bei Werder Bremen
In jedem Sommer das gleiche Spiel: Die Frauenmannschaft des SV Werder Bremen verliert gute Spielerinnen an Topteams und präsentiert vor dem Saisonstart unbekanntere neue Gesichter. Doch in diesem Jahr lag zwischen der Verpflichtung der Neuen und ihrer Ankunft in Bremen eine Weltmeisterschaft. Und die sorgte dafür, dass eine von ihnen als bekannte Spielerin Bremer Boden betrat: die Torhüterin Catalina Pérez erreichte mit Kolumbien sensationell das Viertelfinale der WM.
Da mit der Schweizerin Livia Peng noch eine zweite Nationaltorhüterin einer WM-Mannschaft neu zu den Bremerinnen gestoßen ist, nutzte Werder die Gelegenheit, diesen Coup gesondert zu präsentieren. Kurz nacheinander stellten sie sich den Fragen der Presse – auf die entscheidende, ob sie die Nummer 1 im Tor der Bremerinnen sein wolle, antworteten beide mit einem klaren „Ja“.
Die Verpflichtung der beiden, die auf der Torhüterposition noch von der 18-jährigen Hannah Etzold ergänzt werden, war durch den gleichzeitigen Abgang der beiden Stammtorhüterinnen Anneke Borbe (Wolfsburg) und Lena Pauels (Lissabon) nötig geworden.
Während Peng während der WM noch die Ersatzbank der Schweiz drückte, erlebte Pérez in Australien und Neuseeland ein Auf und Ab der Gefühle.
Zahlreiche Paraden
Erst brachte sie den Außenseiter Kolumbien mit zahlreichen Paraden – unter anderem beim 2:1-Sieg im Gruppenspiel gegen Deutschland – bis unter die letzten acht Mannschaften des Turniers. Dann unterlief ausgerechnet ihr im Viertelfinale ein Patzer, den Titelverteidiger England zum 1:1 nutze. Kurz nach Englands Siegtreffer in der zweiten Halbzeit verletzte sie sich dann auch noch nach einer Flanke und musste ausgewechselt werden.
„Die WM war ein fantastisches Erlebnis“, sagte sie trotzdem bei ihrer Vorstellung. „Natürlich wollten wir noch mehr, aber wir freuen uns darüber, dass wir einen großen Schritt für unser Land gemacht und Geschichte geschrieben haben.“ Die Verletzung kurierte sie schnell aus, sodass sie rechtzeitig vor Saisonbeginn zum Team von Trainer Thomas Horsch stieß. „Es war wunderbar“, sagt sie auf Englisch über den Empfang in Bremen. „Jeder hat mich willkommen geheißen, war freundlich und hilfsbereit. Es fühlte sich direkt so an, als wäre es mein neues Zuhause.“
Als Vierjährige zog Pérez mit ihren Eltern von Bogotá in die USA nach Boca Raton. Nach dem High-School-Abschluss spielte sie für zwei Uni-Teams sowie den Frauenfußball-Klub New England Mutiny. Vor ihrem Wechsel nach Bremen lagen ab 2019 noch einige andere Stationen als Profi: AC Florenz und SSD Napoli in Italien, Betis Sevilla in Spanien und Avai FC in Brasilien. Deutschland lernte sie bereits mit 15 Jahren als Kolumbiens Torhüterin bei der U20-Weltmeisterschaft 2010 kennen.
Bei Werder trägt sie auf dem Trikot die Nummer 77, auf dem Platz war sie im ersten Pflichtspiel der Saison aber die Nummer 1. Auf der Linie hatte sie beim überlegenen 3:0 Sieg im DFB-Pokalspiel bei Zweitligist Borussia Mönchengladbach kaum Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Dafür beeindruckte sie mit zahlreichen langen Bällen auf die Angreiferinnen, von denen einer zum 2:0 durch Christin Meyer führte. Im Chat der Live-Übertragung auf Werders YouTube-Kanal überschlugen sich die Fans vor Begeisterung für diese Qualität. „Kann Catalina Pérez bitte Pavlenka mal Nachhilfe in Sachen Abschläge geben?“, lautete ein Beitrag. Jiri Pavlenka ist die Nummer 1 in Werders Männerteam. Ralf Lorenzen
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