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das portraitFranz Fritsch rettete Jüdinnen und Juden vor der Deportation

Franz Fritsch war ein Mann mit moralischen Graustufen, aber das ändert nichts daran, dass er im entscheidenden Moment das Richtige tat. Er hat unter den Nazis mehr als 1.000 Jüdinnen und Juden vor der Deportation gerettet, er selbst hat das ziemlich sachlich so beschrieben: „Als im September 1942 Juden verladen und von Krakau in Richtung Tarnów in das Vernichtungslager Belzec transportiert wurden, intervenierte ich bei SS-Obergruppenführer Scherner in Krakau und rechtfertigte (dies entsprach natürlich nicht der Wahrheit), dass an diesem Transport irrtümlich qualifizierte Arbeiter aus unseren Werken beteiligt waren, ohne die es unmöglich war, die Arbeit in unseren wichtigen Kriegswerkstätten fortzusetzen. Mit der schriftlichen Erlaubnis, meine Arbeiterinnen und Arbeiter auszuschließen, folgte ich dem Transport und nahm etwa 400 Personen aus dem Todestransport auf dem Güterbahnhof in Tarnów mit.“ Was hier nicht erwähnt ist: Die Arbeiter, von denen Fritsch schreibt, waren Zwangsarbeiter, die für ihn arbeiteten.

Die Gestapo entdeckt, was er tut, aber Fritsch kann aus der Haft fliehen, taucht in der Slowakei unter und beginnt nach Kriegsende ein neues Leben. Ein unspektakuläres: Er wird Pächter des Gasthofs „Grüner Wald“ im niedersächsischen Bockhorn, gegenüber der Minigolfanlage. Er kämpft um eine Entschädigung für die Haft bei der Gestapo und da kommen die ersten Graustufen ins Spiel: Fritsch hat zweimal Aufnahmeanträge in die NSDAP gestellt, einen davon sehr früh. Beide allerdings vergeblich, weil Fritsch, der homosexuell war, wegen sogenannter „Unzucht“ verurteilt worden war. Deshalb steht ihm keine Entschädigung zu – auf Intervention des Berliner Innensenators erhält er schließlich dennoch eine.

Holger Frerichs, der ein Buch über „den Schindler von Bockhorn“ geschrieben hat, glaubt, dass die Querelen um die Entschädigung Fritsch verbittert haben. Von Fritsch selbst gibt es keine Zeugnisse. Seine Vergangenheit war im Nachkriegsdeutschland bekannt und unbekannt zugleich: In dem Buch „Unbesungene Helden“ taucht er schon 1957 auf, aber vor Ort, in Bockhorn, weiß zunächst kaum einer davon.

Ewald Spiekermann, der damals bei der örtlichen Bank arbeitete, erinnert sich an Fritsch als „freundlichen und hilfsbereiten Mann“. Er erinnert sich aber auch daran, dass Fritsch Schulden hatte und nicht überall gern gesehen war. Als die SPD im Gemeinderat in den 80er-Jahren vorschlug, Fritsch, der 1973 gestorben war, mit einer Gedenktafel zu ehren, scheiterte sie umgehend. An der CDU – aber es fehlte auch nicht an Leserbriefschreiber:innen, die darauf verwiesen, Fritsch sei „in der Bevölkerung nicht populär“.

Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Oldenburg dagegen ernannte ihn noch zu Lebzeiten zum Ehrenmitglied. Die Gedenkstätte Yad Vashem nahm ihn nicht als Gerechten unter den Völkern auf, weil es von ihm Gerettete gab, die Geld dafür gezahlt hatten. Wohl aber bestätige man ihm, dass er über 1.000 Menschen gerettet hatte.

Das zu würdigen, dauerte in Bockhorn allerdings lange – und es wird nicht an Fritschs Schulden gelegen haben. Nach einem einstimmig beschlossenen Antrag von Grünen und Linken steht seit dieser Woche eine Stele vor dem „Grünen Wald“, die an Fritsch erinnert. Vorher, so glaubt der Autor Frerichs, gab es zu viele Mitwisser und Profiteure des NS-Regimes, als dass man einen hätte ehren wollen, der zeigte, dass man sich eines Besseren besinnen konnte. Friederike Gräff

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