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das portraitGrün und links: Anne Spiegel soll Familienministerin werden

„Die wenig bekannte Powerfrau“ überschrieb im Januar der SWR ein Porträt von Anne Spiegel, die damals doch schon seit fünf Jahren der Mainzer Landesregierung angehörte. Die Grüne wird gerne unterschätzt. Auch in Berlin hatten die wenigsten die Umweltministerin aus Rheinland-Pfalz auf dem Zettel.

Obwohl sie den Linken zugerechnet wird, genießt Spiegel in der Partei flügelübergreifend großen Rückhalt. Bei der Wahl zur Spitzenkandidatin für die rheinland-pfälzische Landtagswahl erhielt sie zuletzt für Grüne ungewöhnliche 95 Prozent der Delegiertenstimmen. Sie hatte die Basis mit einer kämpferischen Rede überzeugt.

Bei der Landtagswahl im März mit ihr an der Spitze konnten die Grünen ihr Wahlergebnis fast verdoppeln, von mageren 5,3 Prozent im Jahr 2016 auf 9,3 Prozent. Das galt auch als ihr Erfolg, da sie drei Monate vor der Wahl eine Regierungskrise meistern musste.

Anne Spiegel wirkt im Gespräch stets freundlich und zugewandt. Doch sie kann auch anders. Energisch und scharfzüngig verteidigt sie in den Debatten des Landtags ihre Politik gegen die oft polemische Kritik von AfD und CDU, vor allem wenn es um Flüchtlinge, um Integration und Geschlechtergerechtigkeit geht.

Es gab böse Kommentare, als die junge Ministerin nach der Geburt ihres jüngsten Kindes Elternzeit in Anspruch nahm und sich von der Staatssekretärin vertreten ließ. Wenn Anne Spiegel über die Belastungen der Kinder und Eltern durch Homeschooling, durch geschlossene Kitas oder über Kindergeburtstage „ganz ohne Freunde“ spricht, sind das Pandemie-Erfahrungen aus erster Hand. So oft wie möglich ist sie im heimischen Speyer präsent.

Die neue Bundesregierung ist für die 40-Jährige bereits die dritte Ampel, deren Koalitionsvertrag sie mitverhandelt hat. Seit 2016 ist sie Ministerin in dem Dreierbündnis, das Rheinland-Pfalz seit 2011 regiert und die Blaupause für die Berliner Ampel lieferte. Den künftigen Bundesverkehrsminister, Volker Wissing (FDP), kennt sie als ehemaligen Kabinettskollegen.

Mit der Berufung zur Bundesfamilienministerin wendet sich Spiegel erneut den Themen zu, die ihr besonders am Herzen liegen. Schon vorher profilierte sie sich im Landtag als Grünen-Sprecherin für Familie und Integration.

„Extrem bedrückend“ nannte sie in Trier nach einem Besuch in einer Aufnahmeeinrichtung die Lebensumstände, unter denen Flüchtlinge hierzulande leben mussten. Sie schloss sich im vergangenen Jahr der Forderung von Hungerstreikenden an, die vor ihrem Ministerium für die Aufnahme der Menschen aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria demonstrierten.

Als Ministerin sorgte sie für die Einrichtung einer Meldestelle für rassistische und antisemitische Fälle, um deren Verfolgung zu intensivieren. Ein Schwerpunkt ihrer Politik ist der Kampf gegen häusliche Gewalt, vor allem gegen Frauen und Kinder. Im Bundesrat war sie maßgeblich an der Initiative beteiligt, die am Ende zur Einführung der Ehe für alle führte.

Christoph Schmidt-Lunau, Frankfurt

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