das portrait: Carsten Rosewill eine Rassismus-Studie
Zu den Problemen im Polizeiapparat gibt es in Deutschland kaum Forschung. Das will Carsten Rose ändern. Er leitet die Polizeiakademie in Niedersachsen und ist seit 35 Jahren Polizist. „Es gibt in Deutschland kaum aktuelle Studien zur Polizei“, sagt er zur taz. Vor allem das Thema Racial Profiling sei kaum wissenschaftlich untersucht. Forschung über den gesamten Polizeiapparat sei aber wichtig, um Vertrauen zu schaffen und Probleme zu erkennen.
Deshalb fordert Rose auch eine umfassende Studie zu Rassismus in der Polizei. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte diese Anfang des Jahres noch abgelehnt mit der Begründung, sie würde Polizist:innen unter Generalverdacht stellen. Aber Rose warnt auch: „Mit nur einer Studie kann man die ganze Bandbreite nicht erfassen.“ Vielmehr bräuchte es viele verschiedene Perspektiven, um ein Bild von der Gesinnung der Beamt:innen und den Problemen im System zu bekommen.
Um Forscher:innen zusammenzubringen, die sich mit dem Thema befassen, veranstaltet Rose nun eine Konferenz unter dem Motto „Demokratische Polizei“. Denn es gehe auch darum, externe Wissenschaftler:innen zu fördern, die über die Polizei forschen. Die Forschung dürfe auf keinen Fall nur von der Institution selbst ausgehen. Auf dem Kongress sprachen am Donnerstag auch der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sowie Tobias Singelnstein, der an der Ruhr-Universität Bochum zu Polizeigewalt forscht.
Rose stört sich auch an der Rhetorik, die in der Politik oft verwendet wird, wenn Skandale innerhalb der Staatsgewalt auftauchen. Gerade den Begriff Einzelfall hält er für gefährlich. „Jeder Einzelfall ist einer zu viel und wir müssen uns offensiv damit auseinandersetzen“, sagt er. „Das Vertrauen der Bevölkerung gibt uns eine hohe Verantwortung, der wir stets gerecht werden müssen.“ Deshalb müsse auch stets überprüft werden, ob es sich bei einem vermeintlichen Einzelfall wirklich um einen solchen handelt oder ob nicht viel mehr strukturelle Gründe zugrunde liegen würden.
In der niedersächsischen Polizei sieht Rose viele gute Entwicklungen. Gerade die neue Generation der Beamt:innen stelle demokratische Werte in den Mittelpunkt ihrer Arbeit, sagt er. Das könnte auch daran liegen, das mittlerweile alle Polizeianwärter:innen in Niedersachsen studieren. Außerdem fährt das Land ein Konzept der bürgernahen Polizei, das Rose als Erfolg bewertet. „Wir haben deutlich mehr ansprechbare Präsenzen auf den Straßen, beispielsweise durch den Aufbau von Fahrradstreifen“, sagt er. Auch gebe es viele kleine Dienststellen, auch im ländlichen Raum, um näher bei der Bevölkerung zu sein. Finn Walter
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