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das portraitDer Ex-General Lloyd Austinsoll Pentagon­chef werden

Foto: Monsivais/dpa

Noch ist es nicht offiziell, aber bisher hat es immer gestimmt, was US-Medien vorab über die Personalauswahl des kommenden US-Präsidenten Joe Biden berichtet haben. Die neueste Wendung: Der ehemalige Vier-Sterne-General Lloyd Austin soll Verteidigungsminister in Bidens Kabinett werden. Der 67-Jährige, der erst vor vier Jahren aus dem aktiven Militärdienst ausschied, wäre der erste Schwarze an der Spitze des Pentagon in der US-Geschichte.

Dennoch sind die ersten Reaktionen auf Bidens Nominierung auch unter Demokrat*innen zurückhaltend bis ablehnend, und das sind nicht nur formale Gründe: Wie Trumps damaliger Verteidigungsminister James Mattis bräuchte auch Austin eine Sondergenehmigung des Kongresses, um das Amt antreten zu können. Denn um die zivile Kontrolle über das Militär sicherzustellen, gilt schon seit 1947 eine Klausel, nach der ein Militär frühestens sieben Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst zum Verteidigungsminister berufen werden darf.

Andere, wie Danielle Brian vom Project on Government Oversight, einer unabhängigen Organisation, die als eine Art Regierungs-Watchdog fungiert, zeigten blankes Entsetzen: Ein General und Vertreter eines Rüstungskonzerns sei „vermutlich die schlechteste aller Möglichkeiten. Schlechte Nachrichten für zivile Kontrolle und jegliche reale Distanz vom militärisch-industriellen Komplex“, schrieb Brian auf Twitter.

Tatsächlich hatte Austin in den Vorstands­etagen eines Rüstungskonzerns und eines Stahlbetriebes angeheuert, nachdem er nach drei Jahren an der Spitze des US Central Command (Centcom) 2016 in den Ruhestand gegangen war. Centcom ist unter anderem für die US-Militäroperationen in Syrien, Irak, Afghanistan und Jemen zuständig.

Austin, 1953 in Alabama geboren und in Georgia aufgewachsen, ist Karrieremilitär. Nach seinem Abschluss an der Militärakademie West Point 1975 diente er zunächst bei der 3. Infanteriedivision in Deutschland, um dann etliche Stationen zu durchlaufen. 2003 kommandierte er eine Einheit beim US-Einmarsch im Irak, später war er in Afghanistan eingesetzt, stieg weiter auf, leitete die im Irak stationierten Truppen, wurde Vize-Stabschef der US Army und schließlich Chef von Centcom.

Ein politisches Profil hat Austin nie gepflegt, öffentliche Auftritte, sei es in Pressekonferenzen oder Podiumsdiskussionen der Washingtoner Thinktanks, hat er immer gemieden. Und auch innerhalb des Militärs gilt Austin mehr als treuer Soldat denn als Vordenker oder Visionär. „Er haut dich nicht gerade von den Socken“, zitiert das Magazin Politico einen früheren Pentagon-Mitarbeiter mit Kontakten in Bidens Übergangsteam: „Ich sehe ihn einfach nicht als unabhängigen Denker.“

Joe Biden hat Austin kennen- und offenbar schätzen gelernt, als er Vizepräsident der Regierung Obama und Austin im Irak eingesetzt war. Bei mehreren Truppenbesuchen und vielen Videokonferenzen hatten beide miteinander Kontakt. Bernd Pickert

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