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das portraitZahlt Strafe, weil sie gedenkt: Swetlana Gannuschkina

„Geh doch mal bei Gannuschkina auf dem Olympia-Prospekt vorbei“, ist einer der häufigsten Tipps, die Flüchtlinge in Moskau hören. Dort liegt das Büro der Organisation Bürgerunterstützung, Swetlana Gannuschkina hat sie vor knapp 30 Jahren gegründet. Dreimal die Woche suchen Flüchtlinge aus aller Welt Rat zu juristischen, medizinischen oder psychologischen Fragen. Und wenn sie etwas zum Anziehen brauchen, können sie sich auch etwas aus der Kleiderkammer nehmen.

Für ihr Engagement ist die heute 77-jährige russische Menschenrechtlerin weltweit gefeiert worden. 2016 erhielt sie den alternativen Nobelpreis. Nun ist die Menschenrechtlerin zu umgerechnet 2.100 Euro Strafe von einem Moskauer Gericht verurteilt worden. Sie hatte auf dem Roten Platz an Natalja Estemirowa gedacht, eine Mitarbeiterin, die vor zehn Jahren ermordet worden war. Weil Gannuschkina im vergangenen Jahr an selber Stelle Freiheit für Ojub Titijew gefordert hatte, den Bürochef der Menschenrechtsorganisation Memorial in Tschetschenien, stufte das Gericht sie als Wiederholungstäterin ein und setzte die Geldstrafe noch hinauf.

Schrecken wird das Urteil sie wohl aber kaum. Seit Ende der 80er-Jahre setzt sich Gannuschkina für das Schicksal von Flüchlingen ein. Damals noch Mathematik-Dozentin war sie erschreckt, wie wenig sich die Moskauer Behörden um die ersten Flüchtlinge aus Armenien und Aserbaidschan kümmerten. Neben der Bürgerunterstützung gründete Gannuschkina das russlandweite Beratungsnetzwerk Migration und Recht. Chefin des tschetschenischen Büros war Natalja Estemirowa, die 2009 ermordet wurde. 2015 wurde die Bürgerunterstützung zum „ausländischen Agenten“ erklärt. „Ja“, sagte Gannuschkina der taz. „Es stimmt. Ich arbeite für Ausländer. Hier sind Fotos meiner Auftraggeber“, und zeigte eine Broschüre mit Flüchtlingskindern beim Russischunterricht.

Gannuschkina wurde verurteilt, weil sie an den Mord an ihrer Mitarbeiterin erinnerte. ­Deren Mörder wurden es nicht.

Bernhard Clasen

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