das portrait: Carsten Linke will mehr Demokratie bei Hannover 96
Was Carsten Linke rund um Hannover 96 zu sagen hat, lässt aufhorchen. Der resolute Verteidiger mit dem Spitznamen „Fußball-Gott“ ist bei den Fans bis heute extrem beliebt. Er hat vier Jahre lang im Management des Erstligisten mitgearbeitet und kann beurteilen, wie es hinter den 96-Kulissen zugeht. „Mich stört, wenn in einem Verein der demokratische Grundgedanke außer Kraft gesetzt wird“, sagt Linke. Er wirft Vereinsboss Martin Kind vor, zu viele Entscheidungen eigenmächtig und in Hinterzimmern zu treffen.
Wie genau lässt sich die Zukunft von Hannover 96 aktiv gestalten? Linke will Einfluss nehmen, indem er wie vier weitere Kind-Kritiker als Kandidat für den Aufsichtsrat des Vereins antritt. Am 23. März steht die mit Spannung erwartete Mitgliederversammlung an. Kind tritt dann als Vereinspräsident ab. Als Geschäftsführer und wichtigster Geldgeber der Profiabteilung wird er aber an seiner Macht festhalten. Dass einer seiner ehemaligen Angestellten zu seinen schärfsten Kritikern zählt, wird ihn nicht freuen. Für die Opposition dagegen ist Linke ein Glücksfall.
Mitten in den Querelen um Macht, Einfluss und Eitelkeiten ist nicht immer ganz klar, worum es genau geht. Linke schafft es, einen konstruktiven Tonfall zu wählen, wenn er Mängel anprangert. „Wir brauchen wieder ein Wir-Gefühl“, findet der langjährige Berufsfußballer und heutige Sporttherapeut. Der Streit darum, ob in einem millionenschweren Klub wie 96 eher die Geldgeber oder die Mitglieder das Sagen haben sollten, wird selten sachlich geführt. Der 53-jährige Linke unterstützt die Kind-Gegner als Stimme der Vernunft. Das ist sein Pluspunkt.
Zwischen Kind und Linke gibt es keinen Streit auf persönlicher Ebene. Deswegen bleibt es rätselhaft, warum sie seit geraumer Zeit nicht darüber sprechen, wie bei Hannover 96 wieder ein harmonisches Miteinander entstehen könnte. Sicher ist: Viele Kritiker vermissen bei Kind jegliche Gesprächsbereitschaft. Christian Otto
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