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das portraitKatja-Annika Pahl sticht Männer aus

Als sich 1928 in Dessau die Bauhausstudentin Lotte Beese als erste Frau in der neu eingerichteten „Baulehre“ einschrieb, bescheinigte ihr der Hochschuldirektor großes Talent, gab aber zu bedenken, sie könne als Architektin nur reüssieren, wenn sie einen Architekten heirate. Beese nahm den Tipp dann allzu wörtlich und ging mit dem Direktor eine langjährige, nicht undramatische Liaison ein.

Aber auch heute gilt noch: Obwohl mehr Frauen als Männer Architektur studieren, sie bessere Zensuren und Abschlüsse erhalten, beträgt laut einer Erhebung der Bundesarchitektenkammer vom Januar 2016 der Frauenanteil in dem klassischen Bereich freischaffende*r Hochbauarchitekt*innen nicht einmal 22 Prozent. Und ganz wenige unter Ihnen schaffen den Sprung auf eine Professur.

Zu diesen Ausnahme-Architektinnen zählt Katja-Annika Pahl. Sie hat von 1991 bis 1997 an der TU Braunschweig studiert, danach mehrere Jahre in Architekturbüros in Hamburg und Dresden gearbeitet. Es folgten Lehrtätigkeiten, hauptsächlich an der TU Dresden. 2008 übernahm sie dann eine Professur an der School of Architecture der Hochschule Bremen. Hier vertritt sie im pädagogischen Mehrkampf Entwerfen, Gestaltung und Darstellung.

Selbstverständlich ist Katja-Annika Pahl auch als freiberufliche Architektin erfolgreich. Sie praktiziert in Hamburg, ganz im Sinne ihres Mentors mit ihrem Ehemann, einem promovierten Architekten. Gerade wurde ihr gemeinsam für die Bremische Evangelische Kirche geplantes Gemeindehaus mit Kindertageseinrichtung „Unser Lieben Frauen“ vom Bund deutscher Architekten BDA in Bremen prämiert. Alle vier Jahre vergibt der in der Regel mehrere gleichwertige Auszeichnungen oder Anerkennungen. Dieses Mal stach für die Jury dieses eine Werk aus den 57 Einreichungen heraus und erhielt den einzigen Hauptpreis.

Gab es einen spezifisch weiblichen Beitrag in diesem Projekt, gibt es eine weibliche Dimension in der Architektur? Katja-Annika Pahl lacht. Sie habe einmal einen Vortrag über Frauen in der Architektur gehalten und klargestellt, dass diese nicht immer nur als Innenarchitektinnen fungieren oder das Farbkonzept entwickeln. Und wenn bei dem Bauvorhaben „Unser Lieben Frauen“ einer Frau besonderes Verdienst zufalle, dann der Architektin Anna Campe des Bremer Partnerbüros: Sie hatte die örtliche Bauleitung übernommen. Und da sind Frauen nochmals rarer.Bettina Maria Brosowsky

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