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das portraitUlrich Albert muss sehr viel Geld für eine Straße zahlen

Im Internet hat Ulrich Albert jetzt viele Fans: „Die meisten sind auf unserer Seite“, sagt der 61-jährige Landwirt aus Lütjenburg in Schleswig-Holstein. Die Bild nannte „Bauer Uli“ ein Opfer der „gemeinsten Gemeinde Deutschlands“. Hilft alles nichts: der Landwirt steht vor einem Schuldenberg.

Vor neun Jahren begann die „Katastrophe“, wie Albert die Lage nennt. Die Stadt Lütjenburg hatte große Pläne für eine historische Scheune, die unweit von Alberts Hof liegt: Museum, Gastronomie, Ausbildungszentrum. Für die erhofften Besucherströme war aber die Straße zu eng, die durch Alberts Äcker führt.

Rund 600.000 Euro sollte der Ausbau kosten – das Geld wurde auf die Anlieger umgelegt. Ulrich Albert und seine Familie, deren Land über 900 Meter an der Straße entlang führt, sollten anfangs rund 220.000 Euro berappen. Im ersten Jahr wurde die Zahlung gestundet, dann setzte die Stadtverwaltung eine Frist. Der Landwirt nahm einen Kredit auf, zahlte – und klagte.

Nun entschied das Schleswiger Verwaltungsgericht, dass die Gemeinde korrekt gehandelt hat. Um die Summe erträglicher zu machen, zog die Richterin 30.000 Euro für Stromkabel und Laternen ab. Denn für Straßenausbau- und Sanierungskosten bitten Gemeinden in Schleswig-Holstein AnwohnerInnen zur Kasse. Seit 2012 war die Pflicht dazu sogar im Landesgesetz verankert.

Die jetzige Jamaika-Regierung hat erst vor Kurzem eine Änderung beschlossen, die es den Kommunen wieder selbst überlässt. Viele Orte werden aber wohl weiter Zuschüsse verlangen.

Das Bittere im Fall Albrecht: Das Museum kam nie zustande, die Scheune steht vor dem Abriss. „Wir wären ja bereit, etwas zu zahlen“, sagt Ulrich Albert. Nur die Summe sei zu hoch. Ob sein Sohn den Hof in einigen Jahren übernehmen kann, ist angesichts der finanziellen Belastung noch ungewiss. Nun überlegt der Landwirt, ob er in die nächste Instanz zieht. Die Alternative: „Aufgeben, wegziehen.“

Esther Geißlinger

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