das internet ist unsere zukunft!: Fiete Stegers beta-testet die Online-Education
Studis als E-Shopper
Warum man als Studi ein so umworbener Kunde ist, habe ich nie kapiert. Ist es wirklich geschickt, Leuten hinterherzulaufen, die monatelang jeden Geldschein in ihrem Portemonnaie mit Vornamen anreden können? Schließlich könnten die Studis statt Spitzenverdiener auch Langzeitstudenten oder Copyshopbesitzer werden. Aber die Werbung will uns, auch per Internet. Die Welt hetzt dazu „Professor Klick“ auf uns.
Der Name klingt nach Billig-Zeichentrickfilm bei Super-RTL oder Cornflakes-Maskottchen. Optisch ist der Mann auch nicht attraktiver: Die hohe Stirn soll Wissen vorspiegeln. Mit dem knopfäugigen Comic-Gesicht sieht Professor Klick aber mindestens 10 Jahre zu jung für seinen dunkelblauen Anzug aus. So möchte ich nicht enden.
Oder ist das Prototyp der Juniorprofessoren, die uns nach der Dienstrechtsreform drohen? Bitte nicht. Didaktisch hat Professor Klick ebenfalls keinen Kick: Da wird schon das viel versprechende Flash-Plug-In geladen, aber dann spult der vermeintlich kompetente Akademiker ein paar lasche Animationen ab. Die Zeitung, die uns so viel Fachwissen bringen soll, bleibt mir vor allem als mies gepixeltes Bildchen in Erinnerung. Auch das Präsent als Dreingabe zum Abo lockt nicht: Eine von diesen Datenbanken, die als Laptop zu klein und als Taschenrechner zu groß sind. Nicht mal Physikstudenten können damit was anfangen: Die haben sich längst mit den Minicomputern von Palm ausgerüstet. Zusätzlich bietet die Welt ein Handy zum Abo. Das kostet aber zusätzlich Vertragsgebühren. Abgelehnt, weggeklickt. Wie’s richtig geht, zeigt die Weltfirma Mars. Richtig, Mars, der Schokoriegel, der als einer der wenigen nichts mit Cerealien oder ähnlichem Schnickschnack zu tun haben will. „Mars-Buddy“ heißt die Aktion, für die als Alibi das „Uni-Burn-Out-Syndrom“ erfunden wurde. Wer nachweisen kann, dass er daran leidet, bekommt von Mars für fünf Tage einen Buddy zur Verfügung. Im Gegensatz zu anhänglichen Uni-Kollegen will der nicht abschreiben: Laut Mars ist er ein persönlicher Sklave, der dir die unangenehmen Seiten des Studentendaseins abnimmt. Ein Scherge zum Mitschreiben in der Vorlesung, Bücher zur Bibliothek zurückbringen und für den stundenlangen studentischen Dreikampf: Kopieren – Lochen – Abheften. Auch ansonsten biete die Mars-Seite einiges: etwa Rezepte für Birnenkuchen oder Muffins, die nur mit Mars funktionieren.
Nicht schlecht. So was Ähnliches hat jeder schon mal nächtens in der WG-Küche ausprobiert. Komisch: Die Rezepte beginnen keineswegs mit „Zunächst zwei Flaschen Rotwein konsumieren“. Trotzdem super. Gibt’s davon vielleicht ein ganzes Kochbuch? Nee, sagt E-Buchhändler Amazon. Dafür stoße ich auf den Band „Kochen mit Milka“. Ein Klick und das Teil gekauft. Sekunden später wird mir klar, warum die Firmen so eifrig um Studis buhlen: Wer kauft sonst so einen Schrott?
FIETE STEGERS, 25, browst durchs Publizistikstudium
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