piwik no script img

das ding, das kommtDing Dong

Die Rücksichtslosesten brachten Fahrradschloss und Stinkbombe mit. Bombe in den Hochhausflur, die Schwingtür unten verketten, mit zwei Händen alle Knöpfe drücken, Flucht in die Gebüsche und dort den prekären Moment kollektiver Macht über Erwachsene genießen: der ganz gemeine Klingelstreich.

Wer sich individuell profilieren wollte: gezielter Klingel-Anschlag beim fiesen Schimpfopa. Und, gepaart mit Technikfaszination, die Interaktiv-Varianten: Telefonklingelstreich – wahllos oder bei ausgesuchten Eltern oder Lehrern. Letztere Variante hat es, etwas elaborierter, dann auch als beliebtes Leutevorführformat ins Fernsehen geschafft. Noch elaborierter: die Satirevariante à la Titanic-Magazin, gegen moralische, politische oder ökonomische Übeltäter gerichtet: Man fingiert etwas, die Leute fallen drauf rein und ihre Entblößung wird dokumentiert.

Als „Bundesamt für Krisenschutz und Wirtschaftshilfe“ gab sich in dieser Traditionslinie das Berliner Kollektiv Peng! aus, für seine Kampagne „Klingelstreich beim Kapitalismus“, entstanden fürs Kampnagel-Sommerfestival in Hamburg. Ab Mittwoch kann man sich dort in einer Telefonzelle im Festivalgarten anhören, wie sich Unternehmen vorstellen könnten, sich mit Unterstützung des fiktiven Bundesamtes auf die „Zeit nach dem Kapitalismus“ vorzubereiten: Was denken die in den Vorstands­etagen über solidarisches Wirtschaften und staatliche Regulierung?

„Ich habe noch nie erlebt, dass Politik die Wirtschaft gestaltet hat“, sagt da etwa der RWE-Vorstandsvorsitzende Rolf Schmitz. Und weil Klingelstreich auch immer lustig ist, gibt es einen Film dazu: als Persiflage auf zeitgenössische jugendgerechte Reportagen. Robert Matthies

Peng! Collective – „Klingelstreich beim Kapitalismus“: Mi, 12. 8. bis So, 30. 8. beim Internationalen Sommerfestival, Hamburg, Kampnagel; Reportage: www.youtube.com/watch?v=vV4gg74Y4iU

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen