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das ding, das kommtKlebriger Film

Ein Unfall war es: So stark kleben sollte das Band, aus dem sich dieses Ding entwickelte, nicht. Bloß so sehr, dass es ein Pflaster auf der Haut hält. Doch was da 1896 im Unternehmen des Apothekers Paul Carl Beiersdorf in Hamburg entwickelt worden war, ließ sich gar nicht mehr vom Körper trennen. Also klebten sie ein anderes Label aufs Produkt und verkauften es als Sportheftpflaster.

30 Jahre später, nachdem die Beiersdorf-Schreibstubenleiterin Esla Tesmer den bahnbrechenden Abroller dafür erfunden hatte,wurde daraus das, was heute im Duden als Tesafilm für „durchsichtiges Klebeband“ steht und dem Beiersdorf-Tochterunternehmen Tesa einen Jahresumsatz von über einer Milliarde Euro beschert.

Manfred Uhlig erzählt die Erfolgsgeschichte des Alltagsprodukts für das NDR-Fernsehen, am Mittwoch ist der Film über den Klebefilm in der Reihe „Unsere Geschichte“ zu sehen.

Nicht nur Produktentwickler:innen, -optimierer:innen und -verkäufer:innen begleitet Uhlig dabei, er zeigt auch, dass eine solche Erfolgsgeschichte in Deutschland nie ungebrochen sein kann: Während des Nationalsozialismus wurde die Firma wegen ihrer jüdischen Eigentümer:in­nen und Geschäftsfüh­rer:in­nen nicht nur im „Stürmer“ hart angegangen („Kauft keine Judencreme“).

Schließlich zwang die Firma ihre jüdischen Eigentümer:innen zum Verkauf ihrer Anteile, der den Nazis unverdächtige Carl ­Claussen wurde Generaldirektor. Der hielt zwar zu seiner jüdischen Ehefrau, schwenkte aber sonst – „ein Zugeständnis ans Geschäft“, so Uhligs Doku – auf Nazilinie ein. Dank des Krieges lief es ja auch gut für den Tesafilm: Die Wehrmacht brauchte Pflaster, die Rüstungsindustrie Klebeband. Robert Matthies

„Unsere Geschichte – Made in Norddeutschland. Tesafilm“, Mi, 1. 7, 21 Uhr, NDR Fernsehen

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