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das ding, das kommtRevolutionohne Gesicht

Beliebtes Bild fürs Festhalten am Richtigen: die Flaschenpost Foto: Šarūnas Burdulis/Wikimedia Commons

Die Neue Musik, die ohne Echo ungehört verhalle; die eigene Kritische Theorie, die im US-Exil gezwungen sei, sich bloß an einen ungewissen Adressaten in der Zukunft zu richten: Theodor W. Adorno liebte die Flaschenpost als Bild fürs Durchhalten und Festhalten am Richtigen in falschen Zeiten. Angekommen ist zumindest dieses Bild selbst: Auch der Expolitiker und Immer-noch-Theatermacher Thomas Ebermann versteht seine – an der radikalen Ablehnung des Kapitalismus festhaltende – Bühnenkunst als Flaschenpost für bessere Zeiten: als Übung im Ausharren, als Plädoyer auch für ein linkes Lernen aus Niederlage und Scheitern.

Just damit beschäftigt sich auch sein aktuelles, nun auch im Norden zu erlebendes Projekt: Mit Berthold Brunner hat er „Q“ als szenische Lesung aufbereitet, diesen monumentalen Geschichtsthriller, der 40 Jahre voller Revolutionswirren umfasst und (in der 2002 bei Piper erschienenen deutschen Übersetzung von Ulrich Hartmann) fast 800 Seiten.

Anfangs war gar nicht klar, wer da die Erlebnisse des namenlosen Erzählers und Vertrauten Thomas Müntzers zwischen 1517 und 1555, seine Wanderung durch ein Europa der gescheiterten Aufstände gegen Klerus und Fürsten, aufgeschrieben hatte. Verborgen hatten sich die Verfasser*innen hinter einem Sammel-Pseudonym: Luther Blissett. So heißt auch ein real existierender Fußballspieler, den der AC Mailand in den 1980ern teuer einkaufte, der dann aber kaum Tore schoss – auch ein Gescheiterter.

In der zweiten Hälfte der 90er nutzten dann vor allem linke Aktivist*innen aus Bologna diesen Namen für ihre Kommunikationsguerilla-Pranks – und luden andere ein, es auch zu tun. 1999, kurz nachdem sie „Q“ als Open Content zur Verfügung gestellt hatten, also frei und kostenlos, ließen sie ihre Maske fallen und machen seitdem als „Wu Ming“ weiter.

Auch „Q“ ist ein Spiel mit Masken: Inspiriert von Toni Negris Begriff von der Multitude als kollektives politisches Subjekt, aber auch dem zapatistischen Konzept des gesichtslosen Revolutionärs, erzählt der Roman nicht nur eine subversive Geschichte der gesichtlosen Protagonist*innen der Aufstände, sondern zugleich vom Kampf gegen einen gesichtlosen Gegner – „Q“ halt. So etwas will nun die szenische Lesung (unter anderem durch die Schauspieler Denis Moschitto und Jörg Pohl) sein: ein Aufstand gegen die offizielle Geschichte, die jetzt, kurz vor dem 500. Reformationstag überall erzählt wird. Oder anders: eine Flaschenpost für den Kater nach all den Feiern für einen „Fürstenknecht“. (matt)

Szenische Lesung: Di, 24. 10., Hannover, Pavillon; Mi, 25. 10., Oldenburg, Alhambra; Mo, 30. 10., Hamburg, Polittbüro; Do, 23. 11., Göttingen, Lumière

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