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Eugen Polanski, Moralprediger Foto: dpa

Sie ist ein wenig in Verruf geraten, die Moral. Wer als öffentliche Person darauf aufmerksam macht, dass es sich nicht gehört, eine Fußball-WM auf Skalvenarbeit aufzubauen, der wird schon mal als verhärmter Moralist bezeichnet. Auch wer es wichtig findet, Kapitäne mit Regenbogenarmbinden aufs Feld zu schicken, um ein Zeichen zu setzen gegen die Diskriminierung queerer Menschen, bekommt in diesen Tagen allzu schnell das Attribut „moralinsauer“ verliehen. Aber da ist ja noch diese andere Moral, die, von der das Fußballland nach dem 4:6-Spektakel von Borussia Mönchengladbach gegen Eintracht Frankfurt in höchsten Tönen geschwärmt hat. Die Gladbacher hatten nämlich Moral gezeigt, wie es heißt, und sich nach einem Zwischenstand von 0:6 nicht einfach weiter an die Wand spielen lassen, sondern sich noch zu vier Toren aufgerafft.

Diese Art von Moral, deren Bedeutung sich am besten mit dem Wort „Hingabe“ umschreiben lässt, wird nun gefeiert. Das Gladbacher Publikum war am Ende jedenfalls ganz außer sich und schmettere Jubelgesänge in Richtung Interimstrainer Eugen Polanski, obwohl der doch gerade sein erstes Heimspiel als Coach in den Sand gesetzt hatte. Polanski darf nun erst mal weiterwerkeln, auch wenn er Gladbach ans Tabellenende geführt hat. „Man will eine Entwicklung sehen in der Mannschaft, die hat man heute in der ersten Halbzeit nicht gesehen, in der zweiten ab der 60. Minute dann schon“, erklärte Borussias Sport-Geschäftsführer Roland Virkus die Entscheidung. 30 Minuten Moral haben also gereicht, um Polanski im Amt zu halten. Nicht schlecht. (arue)

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