das detail: Schiedsrichter, der wichtige
Ganz früher, da gab es Weisheiten, wie die, dass der beste Schiri der sei, den man gar nicht bemerkt. Da waren es immer nur Herren, immer nur in Schwarz gekleidet, und alles, was sie an Equipment bei sich hatten, waren eine Pfeife und zwei farbige Pappdeckel.
Das war früher. Heute stehen der moderne Schiedsrichter und die moderne Schiedsrichterin im Mittelpunkt von allem. Bei der WM in Australien und Neuseeland mussten sie sogar vor Stadion- und Fernsehpublikum öffentlich erklären, warum sie so und nicht geanders gepfiffen hatten. In der Bundesliga haben sie immer wieder Gesten zu machen, die einen Fernsehbildschirm beschreiben und unter den kritischen Blicken der gesamten Öffentlichkeit zu einem Monitor schreiten, um etwas zu entscheiden, was alle anderen auf ähnliche Weise gesehen haben: nämlich durch TV-Kameras.
Sie agieren dabei in Dauerkommunikation: mit den Assistenten, die man früher Linienrichter nannte, mit vierten Offiziellen, die sich das Spiel von anderer Stelle anschauen, mit dem VAR, der zwar nicht mehr in einem Keller hockt, aber doch nur vor Bildschirmen.
Und nun gibt es sogar eine fünfteilige ARD-Doku, die uns die „Unparteiischen“, so der Titel, näher bringt: Was sie so sagen auf dem Platz, was sie zu hören bekommen, wie schwer sie es haben und wie tapfer sie sind.
Die Schiedsrichter werden präsentiert als die letzten Gerechten. Als diejenigen, die in Zeiten von kapitalistischer Durchdringung für Anstand, Fairness und Transparenz sorgen. Ein Kartellamt in kurzen Hosen, das für die gute Sache streitet, während die bösen Konzerne alles versuchen, damit sich ihre 100-Millionen-Investitionen amortisieren.
Früher war also der Schiedsrichter der Repräsentant des „Nachtwächterstaats“, der möglichst nicht zu sehen war und nur eingriff, wenn es gar zu dolle wurde. Heute verkörpern der und die Unparteiische aktiv eingreifende Fußballpolitik, die vor allem zeigen sollen, wie wichtig die Verbände noch sind. Ob früher alles besser war, wer will das schon wissen! (mak)
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