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daniela böhle über TelefonLeise Staubsauger will ja auch niemand

Espressomaschinen sind Geräte aus der Vergangenheit. Die Marktlücke heißt: Teemaschinen

Ein guter Freund von mir, Stefan, besitzt eine Espressomaschine. Diese Maschine ist mein Feind.

Bei Stefan bewacht die Espressomaschine den Durchgang zur Küche. Warum werden eigentlich immer die falschen Dinge besonders klein oder besonders groß entwickelt? Telefone so klein, dass man eine halbe Stunde beim Suchen zuhören muss, bis das Mickerding aus den Tiefen der Aktentasche aufgetaucht ist? Geländewagen so breit, dass man sie in einem Krieg als Panzer einsetzen kann? Und Espressomaschinen so groß, dass kurzsichtige Menschen ihnen die Hand schütteln wollen, wenn sie die Küche betreten, weil sie die Maschine für einen zusätzlichen Gast halten?

Ich lebe auch gut ohne frischen Espresso. Meine Freunde besuchen mich nicht, weil es bei mir so guten Kaffee gibt. Eher, obwohl es bei mir so schlechten Kaffee gibt. Möglicherweise gibt es Leute, die mich nicht besuchen, weil es bei mir keinen guten Kaffee gibt, aber wer will schon von solchen Leuten besucht werden. Als Espressomaschinen schick wurden, ist ja jetzt schon eine Weile her, haben ganze Geschäfte nur für Espressomaschinen aufgemacht. Das kam mir damals reichlich übertrieben vor.

Stefan hatte, als die Dinger modern wurden, längst seine Espressomaschine. Sagt er. Das ist ja überhaupt immer interessant. Espressomaschinen werden schick, überall schießen Läden für Espressomaschinen aus dem Boden – und alle hatten ihre Maschinen schon lange vorher. Nie folgt jemand einem Trend, alle rufen ihn persönlich ins Leben.

Mein alter Freund Klaus schwört auf Espressomaschinen, weil das Wasser nur auf 90 Grad erhitzt werden dürfe und nicht auf 100. Der schlichte Wasserkocher ist also total unbrauchbar. 90 Grad, weil bei 100 die Aromastoffe totgeschlagen werden. Oder weil man für 100 Grad keine Espressomaschine, sondern nur einen simplen Topf oder, wenn’s hoch kommt, einen Wasserkocher braucht.

Und warum müssen diese Dinger eigentlich so schrecklich viel Lärm machen? Ich habe mal gelesen, dass man längst lautlose Staubsauger herstellen könnte, aber die Leute würden so was nicht kaufen. Ich schon, aber allein für mich stellen die ihre Produktion einfach nicht um. Alle anderen wollen offenbar Staubsauger, dass noch den Mietern unter ihnen die Ohren wegfliegen, wenn sie saugen. Und Espressomaschinen, in deren Beisein man sich nicht mehr unterhalten kann. Sie sind was für Leute, die einander nichts zu sagen haben.

Schweigen.

„Ach, lass uns doch noch mal Milch aufschäumen!“

„Au ja!“

Und wenn es dann richtig Lärm gibt, kann man sich entspannen, is ja eh nicht mit Reden. Schnell schweigend den Kaffee runterkippen, und dann wieder:

„Ach, lass uns doch noch mal Milch aufschäumen …“

„Au ja!“

Die Milchdüse der Espressomaschine ist auch mein Feind. Regelmäßig vergesse ich, die Milchdüse vorher einmal kurz durchzukochen, also die alte, gammelige Milch mit einem Stoß heißem Wasser in den Orkus zu spülen. Stattdessen jage ich die alte, gammelige Milch in den Milchschaum von heute. Lecker. Manchmal denke ich, das ist einfach meine medizinische Ader. Eine Art Langzeitprojekt: Unter welchen Umständen verursacht der Genuss von alter, gammeliger Milch Krankheiten? Und damit kein Psychozeug mit reinspielt, sage ich Stefan nichts davon, dann kann ich ihn besser beobachten. Vielleicht vermeide ich das auch aus schlechtem Gewissen. Oder weil ich so verdammt lernunfähig bin.

Ich war zuletzt bei meiner Freundin Sabine, die sich einen Teekocher gekauft hat. Der zieht nach exakt drei Minuten den Teebeutel aus dem Wasser. Und, ohne Quatsch: Ich hab noch nie so guten Tee getrunken. Nächstes Mal frage ich sie, ob sie es mal mit 90 Grad heißem Wasser probieren kann. Und dann baue ich Teemaschinen und eröffne einen Laden und werde reich.

Um mit diesen Teekochern richtig Geld einzufahren, sind die noch viel zu klein. Das müssen richtige Klötze werden, damit sie niemand übersieht. „He, du hast so eine ultramoderne Teemaschine? Hab ich sofort gesehen!“, sagt man dann, wenn man sie dort in der Küche stehen sieht, wo man normalerweise selbst Platz gefunden hat. Da fühlt man sich auch nie allein, denn Krach machen muss sie auch, aber ordentlich.

Solche Maschinen werde ich herstellen und verkaufen. Dann sprießen überall Läden für Teemaschinen aus dem Boden und alle kaufen die Dinger und bauen sich die Bude zu.

Und ich sitze, richtig reich, in meiner Villa und koche Tee und Kaffee in einem Topf und genieße den Platz und die Stille.

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