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daly dope (205)

Sie war ein Jahr gesperrt. Dreimal war sie bei unangekündigten Trainingskontrollen nicht angetroffen worden. Jetzt ist Christine Ohuruogu in Osaka Weltmeisterin über 400 Meter geworden. 49,61 Sekunden ist die Britin im Finale gelaufen. So schnell wie in Osaka war sie zuvor nie über die Stadionrunde gerannt. Vor der WM stand ihre Bestzeit bei 50,28 Sekunden. Der triumphale Endlauf war erst das vierte Rennen der 23-Jährigen nach ihrer Sperre, die vor dreieinhalb Wochen endete. Der Sieg von Ohuruogu darf getrost als bemerkenswert bezeichnet werden. Merkwürdig ist er auch. Und seltsam verhalten sind die Reaktionen auf den Erfolg der Britin. Einen Skandal will niemand darin sehen, dass eine Läuferin, die mehrfach gegen Regeln des Anti-Doping-Kampfes verstoßen hat, Weltmeisterin wird. Michael Rasmussen durfte die Tour de France in Führung liegend nicht zu Ende fahren, weil er genau die selben Regeln verletzt hat wie Ohuruogu. Rasmussens Gesicht wurde zur hässlichen Fratze der Dopingdisziplin Radsport. Und Ohuruogu? Sie sagt das Übliche: Sie sei nie positiv getestet worden. Sie hat es versäumt, der Anti-Doping-Agentur ihren Aufenthaltsort mitzuteilen. „Ich bin für meine Vergesslichkeit bestraft worden“, sagt sie.

Mit ihrem Sieg in Osaka, da ist sie sich sicher, hat sie Punkte gesammelt im Rechtsstreit mit dem Olympischen Komitee Großbritanniens. Denn das verhängt über jeden Athleten, der wegen Verletzung von Dopingregularien verurteilt wurde, einen lebenslangen Olympiabann. Ohuruogu aber will unbedingt nach Peking. Ihr prominentester Fürsprecher ist der frühere 100-Meter-Weltmeister Linford Christie. Er sagt: „Sie war einfach naiv.“ Christie hat seine Karriere 1999 beendet, nachdem er des Dopings mit Steroiden überführt worden war. Auch so eine Geschichte aus der Dopingdisziplin Leichtathletik. TAZ