piwik no script img

corona in hamburg„Die Tristesse ist kaum auszuhalten“

Foto: Sebastian Vollmert

Dorothea Heintze

61, ist freie Journalistin und Autorin von Reisebandbüchern. Sie schreibt für Marco Polo, Baedeker Smart und DuMont.

Interview Lukas Door

taz: Frau Heintze, die Außengastronomie öffnet – haben Sie einen Geheimtipp?

Dorothea Heintze: Ich habe einen Lieblingstipp! Ich muss zugeben, ich bin total befangen, weil ich auch selbst dort Veranstaltungen halte: die Hobenköök. Die öffnen am Wochenende ihre Außenterrasse. Sie kochen regional und geben sich unheimlich viel Mühe. Mein anderer Tipp ist Bodo’s Bootsteg an der Alster. Der hat die schönsten Liegestühle, auf die man sich an der Alster setzen kann.

Wo werden Sie denn sein?

Ich bin gerne da, wo es guten Kaffee gibt! Vielleicht werde ich bei Transmontana im Schanzenviertel einen Galão trinken.

Wieso ist uns das Essengehen so wichtig?

Aus ganz vielen Gründen! In Restaurants wird ein Raum geschaffen, den man zu Hause nicht nachahmen kann. Essen gehen ist einfach noch einmal was anderes – man wird immer wieder mit Neuem konfrontiert. Ich glaube auch, dass bestimmte Arten der Kommunikation nur in Kneipen so stattfinden können. Ich persönlich habe die schönsten Liebesgeschichten in Kneipen erlebt. Die Romantik, die in einem Restaurant entsteht, kriegt man daheim nicht so hin.

Was macht speziell die Hamburger Gastro­nomie besonders?

Ich nehme sie als sehr bunt und vielfältig wahr. Als Reisebuchautorin muss ich mir ja alles anschauen, was eröffnet. Ich sehe unfassbar viel Engagement in unserer Stadt. Wir haben in Hamburg unter anderem auch tolle Spitzenköche, die dann vielleicht sogar mehrere Restaurants besitzen. Einer meiner Lieblingsköche ist Thomas Martin, Chefkoch des Jacob. Diese Menschen gehen teilweise seit Jahrzehnten ihrer Berufung nach. Das sind Hanseaten im tiefsten Herzen, die einen wundervollen Beitrag zur Stadt leisten.

Wie haben Sie Hamburg im Lockdown erlebt?

Ich sitze gerade am Manuskript eines Bildbandes, der nächstes Jahr erscheinen soll. Dafür musste ich viel durch Hamburg radeln, um Informationen und vor allem schöne Eindrücke zu sammeln. Doch die Tristesse ist nur schwer auszuhalten. Ich kenne ja viele Leute, deren Läden jetzt geschlossen sind. Wenn ich durch einige Teile der Stadt fahre, könnte ich losweinen – so traurig macht mich das.

Bringt die Öffnung der Außengastronomie denn etwas Hoffnung?

Es muss mehr passieren. Ich schätze die Politik in Hamburg sehr! Ich finde es richtig, Vorsicht walten zu lassen und nicht leichtsinnig zu werden. Ich glaube aber, dass wir einen Punkt erreicht haben, an dem mit entsprechenden Hygienekonzepten mehr machbar wäre. Den Gastronomen hilft es nicht, wenn sie nur die Terrassen öffnen können. Wir sind in Hamburg. Da passiert das meiste nun einmal drinnen. Und viele der Gastronomen, die ich kenne, öffnen ihre Außenbereiche nur, um ihre Gäste an der Stange zu halten. Die verdienen daran nichts, sondern machen Minusgeschäfte. Und ich weiß leider, wie viele Arbeitsplätze an der Gastronomie hängen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen