piwik no script img

corona in bremen„Die erste Empfehlung wäre, Kurzarbeit zu beantragen“

Foto: BIS

Nils Schnorrenberger,

55, ist Geschäftsführer der Wirtschafts-förderung Bremerhaven.

Interview Teresa Wolny

taz: Herr Schnorrenberger, wie lange dauert es, bis die Corona-Soforthilfen bei den Kleinunternehmen da sind?

Nils Schnorrenberger: Wir haben gerade eine enorme Flut von Anträgen, mittlerweile sind es über 700. Die ersten Mittel konnten wir 3 Tage nach Antragseingang auszahlen. Aber wegen des starken Anstiegs der Antragseingänge wird es wohl zwei bis drei Wochen dauern, bis wir die Anträge, die heute eingehen, zur Auszahlung bringen.

In Einzelfällen soll ein Zuschuss von bis zu 20.000 möglich sein – wann geht das?

Bis 5.000 Euro gibt es eine pauschale Zuwendung nach Prüfung der Einhaltung der Förderkriterien. Alles was über diesen Betrag hinausgeht, muss man belegen. Bei höheren Mieten muss also etwa der Mietvertrag vorgelegt werden.

Was raten Sie, wenn wegen ausbleibender Einnahmen die Insolvenz droht?

Da kommt es auf die Kostenstruktur des Unternehmens an. Die erste Empfehlung wäre sicher, Kurzarbeit zu beantragen. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt darüber hinaus sämtliche Sozialversicherungsbeiträge der Mitarbeitenden. Bei der Miete stehen Mieter und Vermieter momentan eigentlich in einer Schicksalsgemeinschaft, denn der Vermieter hat nichts davon, wenn der Mieter wirtschaftlich in die Knie geht. Hier gilt es, mit dem Vermieter Lösungen zu finden, um etwa die Miete zu stunden und/oder temporär zu reduzieren. Ein anderer Ansprechpartner sind die Banken, die schon angekündigt haben, etwa Tilgungen auszusetzen. Und eine dringende Empfehlung ist auch, bei uns einen vollständigen Antrag einzureichen.

Das bedeutet?

Man muss lediglich eine Kopie des Personalausweises, die Steuernummer und einen betriebswirtschaftlichen Nachweis beilegen. Gefühlt jeder dritte Antrag ist derzeit aber unvollständig, das steht einer schnellen Bearbeitung im Weg.

Gibt mittelfristige Pläne über diese Fördermaßnahme hinaus?

Noch nicht, wir wissen einfach nicht, wie die Situation Ende Juni aussieht. Aber wir müssen uns natürlich auch fragen, was mit den Unternehmen passiert, die nicht mehr in die Soforthilfe fallen. Durch Darlehen und Bürgschaften können die sich zwar mit Geld versorgen, aber das alles sind Schulden. Wenn man jetzt etwa ein Hotel hat und schlicht nicht weiß, ob der nächste Gast im Mai oder im Juni kommt, kann man es eigentlich niemandem empfehlen, sich zur Deckung der laufenden Kostenblöcke weiter zu verschulden. Auch dafür werden jetzt Pläne entwickelt. Insgesamt bin ich von der Bewältigung der Situation beeindruckt.

Warum?

Es ist bemerkenswert, wie schnell die Politik und dann Verwaltung in Berlin und Bremen Dinge erkannt und umgesetzt hat, etwa diese Förderung. Ich hoffe, dass wir uns das auch über die Krise hinaus bewahren können. Und ich bin beeindruckt, wie motiviert auch bei uns im Haus die Kolleg*innen mitarbeiten. Geschäftsbereiche, die nicht direkt etwas mit der Wirtschaftsförderung zu tun haben, bieten an, bei der Bearbeitung der Anträge zu helfen.

Ein Tipp gegen Lagerkoller zu Hause?

Frische Luft, die bekommt man auf dem Deich in Bremerhaven ja recht leicht. Ich glaube nach diesem Frühjahr werden wir die am besten renovierten Häuser und die gepflegtesten Gärten sehen. Und bloß nicht zu viel Zeit in Telefonkonferenzen verbringen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen