brause-billy und seine acht-liter-jugend:
von RALF SOTSCHECK
Lieber ein Säufer, als gar keine Persönlichkeit. Wie verzweifelt ist der ausstrahlungsfreie Chef der britischen Tories, William Hague, dass er sich ein Image als hartgesottener Trinker zurechtbasteln will? In einem Interview erklärte Hague, dass er seit seinem 15. Geburtstag täglich 14 Pints Bitter getrunken habe und erst mit der Sauferei aufhörte, als er 21 war.
14 Pints – das sind fast acht Liter dieser dünnen, bräunlichen Plörre, die in null Komma nix durch den Körper rinnt. Offenbar hat Hague seine verkorkste Jugend auf der Toilette verbracht. Er behauptet hingegen, er habe damals Getränke an die Arbeiterklubs in Süd-Yorkshire ausgeliefert und bei jedem Stopp einen Pint getrunken. „Weil wir so schwer arbeiten mussten, merkten wir gar nicht, dass wir bis vier Uhr nachmittags zehn Pints getrunken hatten“, prahlte Hague. „Wir haben so viel geschwitzt.“ Und dann der Schocker: „Es mag die Leute entsetzen, aber wir sind dann nach Hause gegangen, haben zu Abend gegessen und sind danach in den Pub.“ Was für Berater hat der entsetzliche William, dass sie ihm diesen Unfug nicht ausgeredet haben?
Selbstverständlich nimmt dem schmalen Tory-Jungen mit dem Bowlingkugelkopf und der Fistelstimme die Geschichte niemand ab. Terry Glossop, der stellvertretende Manager des „Angel“, einer der ältesten Kneipen in Hagues Heimatstadt Rotherhams, sagte: „Diese verlogene kleine Kröte. Einige der alten Jungs trinken seit Menschengedenken in dieser Kneipe, aber keiner von ihnen kann sich daran erinnern, dass Hague jemals auch nur ein kleines Bier bestellt hätte. Er arbeitete für die Limonadenfirma seines Vaters, und er war unter dem Namen Billy Fizz bekannt.“ Eine frühere Mitschülerin von Brause-Billy meinte: „Ich habe damals gesagt, dass dieser Mann einmal Premierminister sein wird. Mein Gott, wie kann man sich irren. Eher wird mein Wellensittich zum Steinadler.“
Hague glaubt jedoch an Wunder. Er pries seinen „Waschbrettbauch“ und seine „festen Brustwarzen“ an. Das verdanke er dem Training mit dem Tory-Promi Sebastian Coe, dem ehemaligen Olympia-Läufer, dessen Verstand auf der Aschenbahn verloren gegangen ist.
Sprudel-Hague will aber nicht nur die Stimmen des Stammtischpublikums, sondern auch der hochnäsigen Tory-Stammwähler. Denen erklärte er, dass er seine Schuhe von der Firma Cleverley, die auch Clark Gable und Laurence Olivier beliefert hat, anfertigen lasse – 1.300 Mark das Paar. Der Independent meinte verächtlich, wenn er nicht mal 4.500 Mark ausgebe für Schuhe aus 214 Jahre altem russischen Rentierleder, das 1786 aus einem Schiffswrack vor der Küste von Plymouth geborgen wurde, dann werde das nie etwas mit dem Premierministerjob.
Da retten ihn auch seine maßgeschneiderten Hemden nicht, die ausnahmslos Tory-blau sind – aus Sicherheitsgründen. Hague ist nämlich farbenblind, und wie unangenehm wäre es, zöge er zum Parteitag der Konservativen unwissentlich ein rotes Hemd über den Astralleib. Farbenblind? Vielleicht waren es ja doch keine 14 Pints des dunklen Bitter, sondern acht Liter Milch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen