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bewegungSolidarische Stadt statt Faschos

Am Freitag wird den Opfern der Nazi-„Euthanasie“-Morde gedacht, am Wochenende geht’s um die solidarische Stadt

Im vergangenen Jahr wurde die Lebenshilfe Mönchengladbach von mutmaßlichen Rechten angegriffen (Symbolbild) Foto: imago/Zoonar

Erst im vergangenen Jahr, am 27. Mai 2024, fliegen zwei Steine auf eine Einrichtung der Lebenshilfe in Mönchengladbach, einem Wohnkomplex, in dem damals 30 Menschen mit geistiger Behinderung leben. Vermutlich ist es ein rechtsextremer Anschlag. Denn die unbekannten Tä­te­r:in­nen haben „Euthanasie ist die Lösung“ auf die Ziegelsteine geschrieben. Mit dem Begriff wurde in der Nazizeit die systematische Ermordung von 300.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen gerechtfertigt.

Heute führt manche Meinungsumfrage mit der AfD wieder eine Partei an, die die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert und verharmlost. Höcke hat mal in einem Interview gesagt, es gelte, das Bildungssystem von „Ideologieprojekten“ wie der Inklusion zu „befreien“. Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt 2024 forderte auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ein Register für psychisch kranke Menschen.

Anlass genug, vor der Geschichte zu warnen, gibt es also. In der Topografie des Terrors wird das offizielle Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde unter dem Motto „Gegen das Vergessen – Aus der Geschichte lernen“ begleitet und vertieft. Gedacht werden soll der Opfer der „Aktion T4“, den Angehörigen soll eine Stimme und ein Gesicht gegeben werden. Anschließend soll das Historische mit dem Gegenwärtigen in Verbindung gesetzt werden. (Freitag, 5. 9., Niederkirchnerstraße 8, ab 12:30 Uhr)

Um für die solidarische Stadt zu werben, sticht am Folgetag das alternative Hausboot „Anarche“ in See, oder wenigstens in die Spree. Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen ruft zur Bootstour auf, um für die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne zu werben. Zur Teilnahme aufgerufen sind alle Schlauchboote, Kanus oder Stand-up-Paddels dieser Stadt. (Samstag, 6. 9., Rummelsburger Bucht, 14 Uhr)

Wer danach noch mehr Lust auf solidarische Stadt hat, kann beim Weisestraßenfest 2025 vorbeischauen. Dort gibt es auch fünf Jahre nach der Räumung der Kiezkneipe Syndikat, die inzwischen in der Emser Straße neue Räume bezogen hat, ein bunt-politisches Programm aus dem Kiez, mit Essen und Trinken, einem Kinderprogramm, Politständen und ganz vielen Bands. (Samstag, 6. 9., Weisestraße, 14–22 Uhr)

Was ist eigentlich antifaschistische Praxis? Diese Frage stellt sich eine Veranstaltungsreihe im Aktionshaus in Tempelhof. Gesprochen werden soll mit vier Menschen, die in unterschiedlichen Kontexten aktiv waren und sind. Den Auftakt macht ein Gespräch mit dem antifaschistischen Jugendwohnprojekt Mittendrin aus Neuruppin (Montag, 8. 9., Gottlieb-Dunkel-Straße 44, 19.30 Uhr).

Wie es ist, wenn die eigene Überzeugung durch veränderte Rahmenbedingungen radikal infrage gestellt wird, weiß der ukrainische Anarchist Maksym Butkevych zu erzählen. Der hat sich trotz seiner Überzeugungen in die ukrainische Armee einschreiben lassen – und damit einen Schritt getan, den in Deutschland viele Linke kritisch sehen. Aber das ist vielleicht nur ein Grund mehr, ihm zuzuhören, wie er vom Kriegsgefangenschaft und Lagerhaft berichtet – und von seiner Einschätzung, warum die Ukraine nicht sich selbst überlassen werden darf (Montag, 8. 9., Aquarium/Südblock, Skalitzer Straße 6, 19 Uhr). Timm Kühn

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