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■ betr.: „Rassismus light“, „Die Mär vom Feindbild Islam“, „Und wie die Mär entsteht“, taz vom 24. 12. 96, Leserinnenbrief: „Ist Islamfeindlichkeit gleich Xe nophobie?“ von Kerstin Witt, taz vom 3. 1. 96
Erstaunlich unbedarfte Unmittelbarkeit der Gedankengänge in einem immer wieder neu vehement-befremdlichen Lilahalstuch- Populismus ist leider kein geeignetes Gegengift zur Eliminierung latent rassistischer Denkstrukturen. Vielmehr disqualifiziert Frau Witt sich und jede mögliche angemessene Beschäftigung mit dem Thema unter tatkräftiger Zuhilfenahme ihrer grottoiden Sprache.
Und welches nahezu krankhafte a priori muß ihre geschundene Seele quälen, daß sie Säkularisation nur in unbedingter Verknüpfung mit kirchlichen Institutionen sehen kann? Welche dunklen Mächte mögen ihr jegliches Geschichtsbewußtsein gebrandschatzt haben?
Na, na, na, Frau Witt! Wer wird denn Ereignisse aus drei jahrhunderteübergreifenden weltgeschichtlichen Epochen undifferenziert nebeneinanderstellen? Und die Aufklärung?
Wie wenig heilsam es ist, das Sufitum als den einzig gültigen Islam zu postulieren, so undifferenziert ist gleichzeitig Kerstin Witts räucherstäbchenqualmumflutete Wischiwaschi-Weltdefinition, die in ihrer verblüffenden Oberflächlichkeit in letzter Konsequenz das Ausbleiben einer „Aufklärung“ oder einem neuzeitlichen Äquivalent in vielen vom Islam als Staatsreligion bestimmten Ländern ignorieren muß.
Natürlich ist es ratsam, die westliche Gesellschaftsform nicht zu überhöhen. Ich glaube aber, daß wir – auch auf die Gefahr hin intolerant zu erscheinen – nicht mehr hinter die Aufklärung zurückkönnen, obschon die Stringenz und Unausgegorenheit der Denkwege einer Kerstin Witt dafür spräche, daß wir oft noch meilenweit von derselben entfernt sind – vielleicht wieder entfernt sind.
Im Internet und im Flugzeug ist die Welt schon dicht zusammengerückt – faktisch trennen die Menschen aber oft noch Jahrhunderte. Die geplante Errichtung einer wissenschaftlichen islamischen Fakultät an der Uni Paris beispielsweise ist ein ermutigender, wichtiger Schritt. Die dezidiert dumme Wittsche Sprechblase nicht. Daniel Kaiser, Hamburg
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