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berluscononeSo rechts wie immer

Nun ist er also geschlossen, der „Vertrag mit den Italienern“, den Silvio Berlusconi zur Krönung seines Wahlkampfs vorgelegt hatte. Von Nord bis Süd hat sein „Haus der Freiheiten“ die Nase vorn – wie schon 1994 vertraut die Mehrheit der Wähler den rechten Rezepten.

Kommentarvon MICHAEL BRAUN

Nichts nutzte der Linken die in Italien genauso wie in Europa heftig geführte Diskussion über den zweifelhaften Spitzenkandidaten. Dass der Multimilliardär aus der Medienbranche einen massiven Interessenkonflikt am Bein hat, dass sein Ärger mit der Justiz keineswegs beendet ist, galt fast jedem zweiten Italiener als unerheblich. Quer durch die politischen Lager waren sich alle wenigstens in einem Punkte einig: Dieses Votum war ein Referendum pro oder kontra Berlusconi. Er hat es gewonnen.

Doch weder gab es den befürchteten Erdrutschsieg noch auch nur eine Rechtswende in der Wählerschaft. Am Sonntag wurde bloß deutlich, was viele Beobachter in den letzten fünf Jahren geflissentlich übersehen haben: In allen Wahlen des letzten Jahrzehntes stimmte Italien rechts. Es war eine glückliche Fügung für das Ölbaum-Bündnis, dass die Rechte sich dank ihrer inneren Konflikte selbst neutralisierte, als Umberto Bossis Lega Nord 1994 erst den Ministerpräsidenten Berlusconi stürzte und dann 1996 gegen dessen „Pol der Freiheit“ zur Wahl antrat.

Und es war eine Chance für den Ölbaum: Fünf Jahre hatte er Zeit, um bei den Wählern weiteren Boden und damit eine Mehrheit auch im Land zu gewinnen, fünf Jahre auch, um den Sonderfall Berlusconi einer gesetzlichen Regelung zuzuführen. Beide Chancen wurden vertan. Rutelli hat sein Bestes gegeben und wenigstens ein komplettes Debakel verhindert.

Das ist ein schwacher Trost für die Linke, denn anders als 1994 kann sie nicht hoffen, dass Berlusconi schnell am eigenen Unvermögen und an der Zerrissenheit seiner Koalition scheitert. Ein Land, das seit Jahren mehrheitlich rechts steht, das sich längst mehrheitlich in den populistischen Tönen von Bossi und Berlusconi wiederfindet, vollzieht nun verspätet in Parlament und Regierung die konservative, populistische Wende.

Für die Linke ist es nun nicht mehr damit getan, Politik wie auf dem Schachbrett zu treiben und nur auf die Schwächen des Gegners zu schielen, um ihn auszumanövrieren wie 1994. Diesmal kommt der Ölbaum nicht darum herum, sich an die eigene Erneuerung zu machen, um endlich auch unter den Wählern mehrheitsfähig zu werden.

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