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berlinmusikMinimalistische Orgel

Hanno Leichtmann: „Outerlands“ (Discrepant); Live am 27. 6. in der Galiläa-Kirche

In Berlin Nachrichten aus L. A. lesen und dabei eine Platte hören, die in der Stadt der Engel an der US-Westküste in der Villa Aurora entstanden ist, hat das Potenzial, sich in die Besorgnis des Jahres 2025 einzufügen. Das Haus Morgenröte, auf dessen Orgel Hanno Leichtmann „Outerlands“ eingespielt hat, ist nicht irgendeine Villa am Pazifik. 1927 erbaut, wurde sie als das Refugium von Lion Feuchtwanger und seiner Frau Marta zur Zeit ihrer Flucht vor dem Faschismus bekannt.

2018 war Leichtmann Stipendiat der Villa, die seit den 90ern Künstlerresidenz ist. Er komponierte auf dem Instrument, an dem Marta Feuchtwanger und Hanns Eisler gesessen haben. Man könnte von einem Orgelalbum Schwere und Dunkelheit erwarten, doch „Outerlands“ atmet weniger sakrale Wucht als vielmehr südländischen Minimalismus. Zu dem Orgel­ensemble der Villa Aurora gehören Marimba und Rohrenglöckchen, von denen Leichtmann Gebrauch macht, selbst wenn die Musik sich in einem Stück wie „Espera“ gravitätisch aufbäumt. Die zwölf Kompositionen sind kurze, detailfreudige Vignetten: So ist in „Lucero“ unter die Orgel ein maschinelles Rattern gelegt, daraus entwickelt sich ein Lied.

Dass Leichtmann als Schlagzeuger begonnen hat, hört man dem Album an. Es gibt Momente wie in „Alondra“, in denen es etwas von Latin Jazz hat. Die Kombination Orgel und Perkussion lässt an die Platten denken, die der Kirchenmusiker Hans-Günther Wauer und der Free Jazz-Schlagzeuger Günter „Baby“ Sommer in den 80ern gemacht haben. Besorgnis schlägt um in Courage. Robert Mießner

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