berlinmusik: Bedrohlich brodelnd
Sicher, experimentierfreudig war die österreichische Produzentin und DJ Susanne Kirchmayr auch bislang schon. Unter dem Alias Electric Indigo ist sie seit vielen Jahren in der Berliner Clubszene unterwegs, sie hat auch das feministische DJ-Netzwerk Female Pressure ins Leben gerufen. Ihre Sets waren oft verspielt, verspult, vertrackt – und ihr erstes Album „511593“ (2018) war voller wabernder, knisternder, wummernder Sounds jenseits konventioneller Dancefloor-Kompositionen. Jetzt widmet sie sich ausschließlich dem Metall. Nicht dem Heavy Metal natürlich, sondern dem Klangmaterial Metall in all seinen Ausformungen. Deshalb heißt ihr Album auch „Ferrum“, lateinisch „Eisen“ – und die Stücke sind schlicht „Ferrum 1 – 8“ betitelt. Für die Aufnahmen, schreibt sie, habe sie im Atelier ihres Partners alles zusammengesucht, was zur Klangerzeugung taugte: „Rohre, unterschiedlich dicke Stangen und Stäbe, ein dünnes Stahlblech, diverse Muttern und Schrauben.“ Mit all diesen Materialien hat sie Soundexperimente gemacht, diese aufgenommen, ausgewählt und digital nachbearbeitet.
Ein entsprechend breites Klangspektrum ist auf „Ferrum“ zu hören. Das düster-technoide „Ferrum 4“ etwa würde als eine Art Industrial-Techno sicher gut im dunstigen Kellerclub funktionieren. Ein durchgehender Beat liegt dem Stück zugrunde, hellere Metallgeräusche kommen dazu, sorgen für andere Klangfärbungen. Die Bass-Drum-Sounds hat Kirchmayr übrigens eingespielt, indem sie mit der Faust auf eine von der Decke hängende, dicke Aluplatte einschlug. Stück Nummer 5 weist dann einen trockeneren, hippeligeren Beat auf, ehe es düster und industrial-mäßig weitergeht: „Ferrum 6“ baut eine knisternde Spannung auf, klingt bedrohlich brodelnd. Zu „Ferrum 7“ kann man dann wieder besser tanzen, der Track ginge fast als Dance-Pop mit metallischem Nachgeschmack durch. Dann gibt es aber auch wieder Stücke, die freier in der Form sind – da klingt es, als habe Kirchmayr die spannendsten und wuseligsten Klänge in Cut-up-Manier zusammengemixt und extrem verdichtet. Insgesamt ist „Ferrum“ ein sehr empfehlenswertes 49-minütiges Abenteuer, für den Hausgebrauch mindestens genauso geeignet wie für den Club. Jens Uthoff
Electric Indigo: „Ferrum“ (Editions Mego) – Ihr Auftritt am heutigen Donnerstag in der Trauma Bar ist abgesagt!
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