berliner szenen: Fast schon zu vielflaniert
Auf dem 15-minütigen Fußweg zur S-Bahn-Station Buckower Chaussee riecht die Luft nach Schokolade – eine nahe gelegene Schokoladenfabrik ist der Grund. Ich steige in die S2 Richtung Bernau und entscheide mich spontan, am Anhalter Bahnhof auszusteigen.
Das Wetter ist so schön, dass ich mich dazu entschließe, bis zum Märkischen Museum zu laufen – anstatt am Potsdamer Platz zur U2 zu wechseln.
Ich genieße es, mit Musik in meinem langsamen Rhythmus durch die touristische Gegend zu spazieren. Zunächst nehme ich die Anhalter Straße, überquere die Wilhelmstraße und dann die Kreuzung von Koch- und Friedrichstraße am Checkpoint Charlie. Die Fußgängerampeln dort (alle vier gleichzeitig rot oder grün) habe ich übrigens nie verstanden.
Dann folge ich der Rudi-Dutschke-Straße, vorbei am alten Haus der taz. Dabei fällt mir auf, dass nicht nur die Redaktion weggezogen ist – auch der Supermarkt mit mediterranen und lateinamerikanischen Produkten, den ich mochte, existiert nicht mehr.
Eine Baustelle blockiert die halbe Straße, ansonsten scheint sich nicht viel verändert zu haben. Vor dem Axel-Springer-Hochhaus sind Blumen an der Gorbatschow-Büste niedergelegt. „Väter der Einheit“ heißt das Denkmal. Ich folge der Axel-Springer-Straße bis zum Spittelmarkt und fotografiere mit dem Handy das goldene Licht, das sich in den Glasfassaden der modernen Gebäude spiegelt.
Kurz überlege ich die Kommandanten- oder die Seydelstraße zu nehmen – beide kenne ich kaum und bin neugierig. Entscheide mich jedoch für die Wallstraße. Langsam werde ich des Flanierens müde und ich fürchte, zu erschöpft zu sein, um gleich bei der Tanzstunde mitzumachen – auch nur im Sitzen. Das war eigentlich mein ursprünglicher Plan.
Luciana Ferrando
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