berliner szenen: Menschen, Schlösser, Finger
Pünktlich im angegebenen Zeitfenster stehen die Techniker bei mir auf der Matte, hatten sich hörbar treppauf gearbeitet von Zähler zu Zähler. „Moment, ich mach Ihnen drüben auch noch auf“, sag ich, als sie bei mir fertig sind. „Ich hab die Schlüsselgewalt, der Nachbar ist weg“, scherze ich und öffne mit dem kleineren der beiden Schlüssel das runde Schloss über dem für eine Hinterhauswohnungstür unüblich üppigen Jugendstilknauf. Umfasse den Knauf dabei mit einer Hand und frage mich, ob er sein Dasein nicht lieber woanders fristen würde als hier im funzeligen Treppenhaus, in das nur vereinzelt schräge, verstaubte Lichtstrahlen aus dem Hof dringen.
Der zweite Schlüssel ist fürs Schloss unterm Knauf. Eigentlich gar kein Schlüssel, denk ich, und meine Finger befühlen das Stück Metall beiläufig: Ein Dorn mit ein paar eingeschliffenen Rillen, ziemlich altertümlich. Beim Aufschließen den Knauf feste ranziehen, hatte mir der Nachbar noch gesagt. Ich zieh den Knauf feste ran, will aufsperren – nichts. Neuer Versuch. Nichts. „Lassen Se mich mal“, sagt einer der Techniker, übergroßer Junge mit Geburtstagsgesicht, und fügt überraschend resolut hinzu: „Ham nich ewig Zeit!“ Er rüttelt mit dem Schlüssel im Schloss, zieht dabei am Knauf, drückt ein Knie gegen die Tür, die Schulter, synchron, dann abwechselnd das eine oder andere weglassend. Pustekuchen.
„Verbiegen Sie mir den Schlüssel nicht“, mahne ich. Ein Nachbar kommt gucken: „Nanu, wollen Se einsteigen?“ Probiert es auch, scheitert. Ich noch mal. Demnächst wäre dann meine Thaimassage, denke ich so zwischendrin. Und wie ich das vor mich hindenke, drehen meine Finger den Dorn eigenmächtig und ungeachtet aller Aufsperrfisimatenten andersrum, zum linken Türflügel hin. Und dann, gtk, springt die Tür auf. Gtk? „Halleluja“ heißt das auf Schlössisch. Felix Primus
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