berliner szenen: So was sagen nur Leute aus der Stadt
Boah, was für schönes Wetter“, sagt die junge Frau, mit der ich an diesem Samstag Ende September Lebensmittel in einem Supermarkt rette. Sie streckt sich der Sonne entgegen. Es ist die gefühlt vierte oder fünfte Woche ohne Regen, und im Garten merkt man deutlich, dass es schon wieder viel zu trocken ist. Meistens sage ich nichts, wenn Menschen über das „schöne Wetter“ oder den „tollen Spätsommertag“ jubeln. Aber jetzt denke ich, dass ein junger Mensch, der ehrenamtlich Lebensmittel rettet, doch etwas klimabewusster sein sollte.
„So was sagt man nur als Stadtmensch“, sage ich also. „Wenn man einen Garten hat, merkt man deutlich, dass es viel zu trocken und zu warm ist.“ Die junge Frau sieht mich beschämt an. „Na ja“, sagt sie dann, „aber schön ist das Wetter ja trotzdem. Und es wird halt auch nicht weniger warm und trocken, wenn ich mich nicht darüber freue.“
Mir geben solche Gespräche viel zu denken. Denn immer wieder kann man ja lesen, dass wir, die ältere Generation, es total verkackt hätten mit dem Klima, während die Jüngeren durchgehend klimabewusst agierten. Ähnliche Gedanken kamen mir auch, als ich auf Instagram das Profil einer jungen Kollegin entdeckte, die jedes Jahr mehrere Monate in Asien unterwegs ist. Abgesehen davon, dass man sich das selber vor 30 Jahren wohl gar nicht hätte leisten können: Wie passt das mit dem jugendlichen Klimabewusstsein zusammen? Warum findet man auf Social Media vor allem bei U30-Menschen so viele Bilder vor exotischen Kulissen: Thailand, Malediven, Bali, Mexiko? Demonstrieren die trotzdem freitags für ihre Zukunft? Bemerken die den Klimawandel nicht, weil der für sie schon so normal ist?
„I want you to panic“, sagte einst Greta Thunberg in Davos. Die Gen Z scheint davon völlig unbeeindruckt.
Gaby Coldewey
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