berliner szenen: Wollmäuse und Spinnweben
Montagmorgen in der U2 ist die Stimmung müde. Den Leuten hängt wohl wie mir das Frühlingswochenende nach. Die Sonne schien in die Wohnung und es war schon erstaunlich, was man plötzlich alles sehen kann, das einem in den Wintermonaten offenbar verborgen blieb. Seltsame Gebilde aus Wollmäusen, Spinnenweben um die Lampen oder Kalk, der sich wie Sedimentgestein unter meiner Duscharmatur versteckt bildete.
Ich versuchte also immer mal wieder, meine Wohnung zu putzen, bevor ich andere wichtige Dinge erledigen musste oder erschöpft auf dem Sofa einschlief. Jetzt lese ich im Berliner Fenster, dass in Zehlendorf eine Weltkriegsbombe entschärft werden soll, dafür die Gegend sowie Teile des Behring-Krankenhauses evakuiert wurden.
Die U-Bahn hält am Bahnhof Bülowstraße und ein Mann mit einer schwarzen Sturmhaube und einer verspiegelten Sonnenbrille betritt den Waggon. Er hat keinen Motorradhelm dabei, der die Sturmhaube annähernd erklären könnte, also sehe ich mich erschreckt um.
Die anderen Fahrgäste finden aber scheinbar nichts ungewöhnlich. Sie starren vor sich hin oder in ihre Handys. Niemand scheint Notiz von dem Mann mit der Sturmhaube zu nehmen, der sich jetzt etwas entfernt von mir hinsetzt und ebenso sein Handy aus der Jackentasche herausholt.
Lediglich eine Frau mir gegenüber sieht ebenfalls zu ihm, guckt dann zu mir und sagt: „Wird Frühling, da kommen wieder alle aus ihren Löchern.“
Sie grinst und fährt fort: „Fehlt nur noch, dass er fragt: Wo issn hier die nächste Bank? Nee, egal ob Sparkasse oder nicht, aber bloß kein Geldautomat.“ Wir gackern uns eins und als ich Bismarckstraße aussteige, sagt sie: „Schönen Montag noch.“ Und den wünsche ich ihr auch. isobel markus
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