berliner szenen: Schwäne in der Dämmerung
Das Licht, das durch die Gardinen dringt, ist wärmer und nicht so melancholisch, wie es die letzten Tage war. „Ich glaube, dass die Sonne scheint“, sage ich. Darüber sei sie nicht sicher, antwortet sie. Auch nicht darüber, wie spät es sein könnte. 15 Uhr, vielleicht?
Wir freuen uns jedenfalls, nicht sofort unter die Dusche springen zu müssen. Wir schlafen weiter, unterhalten uns und trinken Kaffee im Bett. Wenn ich alleine bin, kann ich keine Sekunde drinbleiben, wenn der Himmel blau ist und die Sonne scheint. Aber uns ist das gerade egal, denn nicht das Wetter ist das Problem sondern die Zeit: Sie vergeht schnell, wenn wir uns sehen und zieht sich dagegen langsam hin, wenn wir auf das nächste Treffen warten.
Als wir es endlich schaffen, aufzustehen, bestätigt sich mein Verdacht: Die Häuser im Hinterhof der Flughafenstraße leuchten golden auf den Dächern. Doch es wird nicht mehr lange so sein. Wenn wir uns beeilen würden, würden wir die letzten Sonnenstrahlen auf dem Tempelhofer Feld mitbekommen. Aber wir wollen uns nicht beeilen und als wir später dorthin laufen, ist das Licht bereits bläulich und die Luft wird kälter.
Die Menschen auf den Straßen scheinen eilig auf dem Weg zurück nach Hause zu sein, die Buchstaben des Columbiabad-Schildes in der Dämmerung erinnern an ein Road Movie durch die US-amerikanische Wüste. In der Hasenheide gehen die Laternen an. Am Teich erkennen wir die Silhouetten der Ente und Schwäne im Wasser, doch die Eichhörnchen sind nicht mehr da. Abgesehen von einigen Jogger*innen mit Stirnlampe ist der Park leer. Schweigend durchqueren wir ihn Richtung Hermannplatz, wo ich sie zur U-Bahn bringe. Als wir uns vor dem Eingang zum Abschied küssen, ist es dunkel und das Wochenende schon vorbei.
Luciana Ferrando
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