berliner szenen: Begegnung im Berlinale-Palast
Endlich findet die Berlinale wieder in natura statt. Live und mit all der freudigen Aufregung, die man überall spürt. M. und ich haben nach der Coronazeit richtig nostalgische Gefühle. Im Foyer des Berlinale-Palasts stellt er sich nach Getränken an und ich sehe mich verstohlen um. Ein paar Leute trinken Sekt oder fächeln sich mit Broschüren Luft zu. Sie blicken sich ebenfalls um, vielleicht in der Hoffnung, jemanden wie Sean Penn zu sehen. Das wäre zumindest meine Hoffnung.
In einem Sessel neben mir sitzt ein Typ in Schwarz, der mich ansieht. Er sieht etwas müde aus. Als er meinen Blick bemerkt, hebt er sein Glas in meine Richtung. In Ermangelung eines Glases nicke ich ihm zu. „Wir kennen uns doch, oder?“, fragt er. Oh no, denke ich. So etwas passiert mir manchmal und ich habe oft gar keine Ahnung, wer die Person ist. Mein Bruder hat dann immer geraunt: „Du und deine Allerweltsfresse!“ Ich sage also das Übliche: „Ich glaube, leider noch nicht.“ „Sie sind eine Kollegin, oder?“ „Ah nein“, sage ich unüberlegt. „Ich bin niemandes Kollegin.“ Schon beim Sagen fällt mir auf, wie seltsam das klingen muss. Er lacht.
„Sie machen mir Spaß“, sagt er. Ich reiche ihm die Hand und sage: „Isobel. Hallo.“ Aus den Augenwinkeln bemerke ich, dass wir beobachtet werden. „Christian, freut mich.“ Die Leute gucken sogar ziemlich doof.
„Christian“, ruft es da von irgendwoher. Er steht auf und sagt galant: „Isobel, wir sehen uns noch, hoffe ich?“ Ich lächle und er geht.
M. kommt mit zwei Sektgläsern, starrt dem Typen hinterher und sagt: „Das war doch dieser Regisseur, oder nicht? Wie hieß der noch gleich?“ „Christian“, sage ich. „Und woher kennst du den jetzt schon wieder?“
Ich sehe in die Richtung des Saales, in dem Christian verschwunden ist, und sage: „Ich kenne hier absolut niemanden.“ isobel markus
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