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berliner szenenUnd zum Glückkeine Eier

Ich soll meine erste Lesung in der Aula einer Gemeinschaftsschule in Moabit halten. Etwa 50 Kinder aus der Mittelstufe durften sich zur Lesung anmelden. Ich höre, dass die Plätze ausgebucht sind, und denke: Na klar. Für mich war früher auch alles besser, als im Unterricht zu sitzen.

Seit Tagen habe ich Geschichten ausgesucht, alle wieder verworfen und andere ausgewählt, Reihenfolgen mit bunten Lesezeichen markiert, sie wieder umgesteckt und nachts von Eier werfenden Kindern geträumt. Am Tag der Herausforderung fahren ich und mein Buch völlig verpeilt nach Moabit. Wir sind viel zu früh da und extrem aufgeregt.

Die Aula ist schön und groß. Holzgetäfelt, mit zwei riesigen 60er-Jahre-Leuchtern. Ich beginne, die ersten Szenen zu lesen. Die Schü­le­r*in­nen sitzen reglos da. Keiner lacht, keiner verzieht eine Miene hinter den Masken. Ich betone, dass sie gern Fragen stellen dürfen, und lese weiter. Da, eine Frage. Ein Junge meldet sich. „Ja, bitte?“, sage ich in freudiger Erwartung.

Er zupft an seiner roten Maske: „Dauert es noch lang?“

Ich nicke in Zeitlupe: „Ja, schon noch ein bisschen. Ist es sehr schlimm?“

Er schüttelt den Kopf.

Na, immerhin, denke ich und lese die nächste Szene.

Irgendwann aber geht es los mit den Fragen. Und es werden mehr. Ob ich auch gern so belauscht werden würde und ob ich das alles wirklich erlebt habe? Welchen Teil der Pizza ich am liebsten mag und ob man mit so 'nem Buch reich werden kann und wie das ausging mit Kevin Kühnert und wer ist der eigentlich noch mal?

Am Ende kaufen zwei schüchterne Jungs das Buch von ihrem Taschengeld. Sie reichen mir einen Stift. Für T. und für P. schreibe ich, und ich weiß wirklich nicht, ob jemals eine meiner Lesungen besser werden kann, als diese es war. Isobel Markus

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