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berliner szenenGleich hinter der Stadtgrenze

Vor Corona bat ich sie oft rein. Die Nachbarin aus dem zweiten. Zum Einzug hatte sie mir einen Ableger ihrer Aloepflanze geschenkt, die bald in die Höhe schoss, die letzte Umtopfung aber nicht vertrug. Jetzt treiben ein paar Blätter der Sukkulenten in einem Wasserbad in der Hoffnung, dass sie Wurzeln schlagen.

Die drahtige Nachbarin wird bald siebzig. Dem Lockdown trotzt sie mit Rastlosigkeit. Sie kann zwar gerade nicht ins Ausland reisen – sie hat schon mehr als hundert Länder der Erde besucht –, doch nun steuert sie die Vororte und das Umland an. Fast herausfordernd steht sie auf dem Treppenabsatz und erzählt, dass sie heute morgen nach Hermsdorf gefahren sei, um in einer Bäckerei, einer der ältesten der Stadt, von 1911, Buchweizenbrötchen zu kaufen. Doch sie sei zu spät dort aufgeschlagen – alles ausverkauft – und dann etwas geknickt weiter gewandert nach Glienicke, Brandenburg. Da gebe es einen Blumenladen, wenn man die richtige Klingel drücke, öffne sich eine Tür und man könne Tulpen kaufen. Frische Blumen!

Vergangene Woche war sie in Ahrensfelde und brachte ein paar russische Spezereien aus einem Supermarkt direkt hinter der Stadtgrenze mit. Ich habe ihr zum Dank ein Wurzelbrot gebacken, und da sie nicht da war, als ich bei ihr klingelte, in einer Tüte an die Klingel gehängt.

Wann war ich zuletzt im Ausland? Oder einem anderen Bundesland? Wie alle Impfbefürworter spaziere ich brav durch den Kiez. Nur letzten Freitag hechelte ich einem Freund mit Gewerbeschein hinterher. Wir rollten mit dem Rad nach Spandau zu einem Großmarkt, FFP2-Masken wollte ich erstehen – ausverkauft. Ich deckte mich mit Käse ein. Auf dem Rückweg verfuhren wir uns. Standen am Ende des gepflasterten Telegrafenwegs an der Havel und blickten in gleißende Sterne. Timo Berger

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