berliner szenen: Ich liebe schlaue Kinder
Wofür brauchst du denn eigentlich so ein Angeberauto?“ Ich schweige.
„Sag schon! Wofür brauchst du so ein Angeber-auto?“
Der kleine Sohn meiner Freundin lässt nicht locker. Und da man Kinder ja nicht anlügen soll, sage ich es ihm. „Ich brauche es gar nicht, ich habe es einfach. Und außerdem ist es kein Auto, sondern ein Van. Ein G20 Chevrolet Van, Baujahr 1993, 8 Zylinder, verdunkelte Scheiben, drei Tonnen schwer, zwei Meter breit, fünf Meter lang. Und er fährt mit Gas!“
„Du bist ja verliebt!“ Ich werde rot, aber er hat recht. Ich bin verliebt. Und zwar in meinen G20 Chevrolet Van, Baujahr 1993, 8 Zylinder. „Alles unter 8 Zylinder ist asozial“ sagt Max. „Du hast gut aufgepasst“, lobe ich ihn, aber bitte sag deiner Mutter nicht, von wem du das hast.“
„Ich glaube, es ist ein Partywagen“, sagt Max. Max ist ein sehr schlaues Kind. Zur Belohnung zeige ich ihm den Subwoofer. „Was ist ein Subwoofer?“, fragt Max. „Der Subwoofer ist wie ein tiefer Bass. Das Berghain hat einen, mein Auto hat einen, dann kommt lange Zeit nichts, und dann gibt es ein paar Berliner Clubs, die auch einen haben.“
„Aber es ist doch gar kein Auto, sondern ein Van!“ Ich liebe schlaue Kinder. „Wenn du versprichst, dass du deiner Mama nichts sagst, zeige ich es dir“, sage ich und reiche ihm Oropax. „Warum nimmst du keine Oropax?“ fragt er. „Was?“ frage ich. „Warum nimmst du keine Oropax?“ „Die braucht man nicht, wenn man verliebt ist“, sage ich und drehe den Bass auf.
Am nächsten Morgen begleiten mich Max und seine Mama zum HNO-Arzt. „Liegt auf dem Weg zur Kita“, sagt meine Freundin. „Tinnitus“, sagt die HNO-Ärztin. „Erst wenn der Subwoofer die Katze inhaliert, fickt der Bass richtig übel“, sagt Max. Ich liebe schlaue Kinder. Und dabei ist das Zitat nicht mal von mir. Eva Mirasol
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