berliner szenen: Lieber eine gute Flasche
Ich muss mich basischer ernähren, riet man mir, was so viel heißt wie: Ich muss mich besser ernähren. Dann würde auch die ständige Müdigkeit schwinden. Na gut, dachte ich mir und googelte, was genau „basisch“ bedeutet. Die Säuren sind böse, die Basen sind gut. Neben basischen Lebensmitteln wie Gemüse oder Hülsenfrüchte gibt es noch basische Bäder – und Bittertropfen, auch dazu riet man mir.
Obwohl Bittertropfen mehr nach Säure als nach Base in meinem ernährungsunexpertigen Kopf klangen, wagte ich den Schritt in die Apotheke. Dort verzog der junge Mann hinter der Theke bei meiner Bestellung etwas das Gesicht. Ich vermutete, dass das am Wort „bitter“ lag. Er kam mit einem Fläschchen zurück und meinte: „Darin ist aber sehr viel Alkohol enthalten.“ Ich griff zur Flasche – und tatsächlich: 59 Umdrehungen hatte das Zeug. „Für was wollen Sie das eigentlich nehmen? Haben Sie Verdauungsprobleme?“, fragte mich der Apotheker. Ich lief rot an und schüttelte den Kopf. Nein, mit meiner Verdauung wäre alles bestens, antwortete ich. Der Apotheker schaute mich fragend an und fügte hinzu: „Ansonsten benutzt man Bittertropfen bei Heißhunger auf Süßes. Haben Sie das?“
Wieder lief ich rot an und schüttelte den Kopf. Ich erklärte ihm, dass mir Bittertropfen für eine basische Ernährung empfohlen wurden. „Hmm, in diesem Fall würde ich Ihnen davon abraten. Allein schon wegen des hohen Alkoholgehalts“, meinte der Apotheker. Ich fragte ihn, wie viel denn die Tropfen kosten würden. Geduldig griff er zur Flasche und scannte sie ein. „17,99 Euro kosten die.“ „17,99 Euro?“, wiederholte ich geschockt den Betrag. „Wenn das so ist, kauf ich mir für das Geld lieber einen guten Whiskey“, meinte ich scherzhaft. Der junge Apotheker musste lachen und flüsterte mir beim Gehen noch zu: „Dazu würde ich Ihnen auch raten.“ Eva Müller-Foell
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