berliner szenen: Das Amt zahlt nicht mehr
Eine befreundete Sozialarbeiterin, A., berichtet von einer Flüchtlingsunterkunft, die früher ein Hostel gewesen sei. Das Hostel habe einst um die 200 Plätze gehabt, sagt sie, die Unterkunft sei dann auf 350 Plätze angemeldet worden. Die Betreiberin fahre jetzt ein teures Auto. Ich bin skeptisch, frage aber nicht, woher sie das weiß.
Sie sagt es dann von sich aus: Letztens sei eine mittelalte Frau zu ihr gekommen, von Ausweisung bedroht. Seit drei Jahren bereits sei sie, zusammen mit ihrem Mann und zwei Kindern, in dieser Unterkunft untergebracht. Ihnen drohe die Ausweisung, weil Frau und Mann offiziell keine Arbeit hätten, der sie nachgingen. Dabei stimme das nicht: Die Frau arbeite bei der Betreiberin der Flüchtlingsunterkunft als Putzfrau, sechs Stunden am Tag, das sei nötig, weil die Betreiberin der Unterkunft jeden Abend Partys und Empfänge gebe. Das sei, sagt A., schwer auszuhalten für die Frau, die in anderthalb Zimmern mit ihrer Familie hause.
Sie habe der Betreiberin von der drohenden Ausweisung erzählt, da habe diese geantwortet, das sei doch kein Problem, sie könne den Mann als Sicherheitskraft am Empfang einstellen. Der Mann, eher klein, habe wohl noch nie ein Werkzeug in der Hand gehabt. Jetzt stehe er am Empfang und passe auf, und wenn er nicht aufpasst, soll er kaputte Abflüsse reparieren. Die Betreiberin habe erklärt, dass jetzt, da er Arbeit habe, das Amt nicht mehr zahle; von den 1.580 Euro Lohn behält sie 1.280 für die Miete ein. Das sei der Preis für eine private Aufenthaltserlaubnis; und jetzt sei keiner mehr da, um auf die Kinder aufzupassen. Was es bräuchte: neue Arbeit, neue Wohnung. A. zuckt die Schultern.
Ich schüttle den Kopf. Kann oder will ich es nicht glauben? Als ich zu Hause bin, durchforste ich das Internet nach Anzeigen für Putzkräfte. Frédéric Valin
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