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Archiv-Artikel

berliner szenen Der Geburtstagsjob

1001 Luftballons

Ich knete, knote und kreiere Luftballons. Wild umschlungene Gebilde, die höckerige Dromedare, sabbernde Lamas und Harry Potter samt toter Verwandtschaft darstellen. Das tue ich auf Kinderfesten, für die man mich als Clown mieten kann. Mit einer Ausnahme: Wenn das Geburtstagskind seinen sehnlichsten Wunsch (der Klassiker: ein Pony für den Flur der Altbauwohnung) nicht erfüllt bekommen hat. Dies ist, bevor ich einen Auftrag annehme, stets per Telefon abzuklären. Denn Kinder mit unerfüllten Wünschen sind ein Desaster. Sie ziehen an Clownsnasen und lassen diese schmerzhaft für deren Träger zurückschnalzen.

In allen anderen Fällen schützt mich mein Clownskostüm gegen Nasenrotz von Kira-Lynns. Und auch gegen Schokofinger von sämtlichen Leons, die mit ihren Holzfahrrädern neben mir stoppen und Halt suchen. Schwer abzuschütteln, so was. Vor allem, weil hinter dem Fahranfänger meistens ein Stück Eltern steht und mich kritisch betrachtet. Ja, mein Schatz, der lustige Clown knotet dir gleich deinen grünen Terrier, sagt das Elternteil mit Blick zu mir.

Hunde sind der Renner in Berlin. Sobald ich das verstanden hatte, ersteigerte ich das Buch „Hunderassen dieser Welt“ und konnte meinen Umsatz verdoppeln. Ich knotete los: Hunde mit kurzen Ohren, kurzem Mittelteil und kurzen Beinen. Hunde mit kurzen Ohren, kurzem Mittelteil und langen Beinen. Dreibeinige Hunde und, mit doppellangem Mittelteil, die beliebten Dackel.

Ballonknoten ist für mich ein Zwang, so ähnlich muss es Christo beim Anblick von Packpapier gehen. Ich arbeite übrigens daran, den Reichstag nachzuknoten. Es wird der Abschluss meiner Serie „Berühmte Gebäude Berlins“ sein und meinen Ruf als Uri Geller des Latex besiegeln. LENA HACH