: berlinale szene Kaltes klares Wasser
Wellness-Terror
Jetzt habe ich sie alle durch. Rosé, Lilac, Bleu, Gelb, Weiß: Sämtliche Farben, in denen das Sponsorenmineralwasser in den Pressezentren der Berlinale wartet, habe ich mit Todesverachtung in mich hineingeschüttet. Aber wenn es nur die albernen Farben wären! Seit die aktiven Wortschätze viel zu vieler Menschen mit den scheußlichen Vokabeln „Wellness“ und „Balance“ hantieren, darf Mineralwasser ja nicht mehr einfach nach wunderbarem, kaltem, klarem Nichts schmecken, eventuell noch minimal nach den Mineralien, die man sich am Abend davor versoffen hat. Sondern es muss Wellness-Geschmack haben.
„Kirsche-Jasmin“ heißt das roséfarbene, so wie eine Kassiererin aus dem Osten, und es sieht aus wie Tuschwasser, mit dem ein kleines Mädchen vor einer halben Stunde eine Barbiehochzeit gemalt hat. „Kaktusfeige-Pfeffer“ heißt eines in schwächlichem Orange, wie die Sonne über dem Smog von Mexiko. Das lilacfarbene hab ich verdrängt. Die neutralen, die es auch noch gibt, sind immer schon weg, wenn ich mit dem Mund voll Wüstensand an einem der Sponsorenkühlschränke vorbeikomme. Nur vom Tuschwasser stehen stets noch hunderte Flaschen herum, und jede einzelne schmeckt, als ob ein rosa Klostein dringehangen hätte. Könnte man damit nicht besser Feuerzeuge auffüllen? Werde mir morgen eine Flasche Wodka besorgen und die Farben einfach wegdesinfizieren. Cheers. JENNI ZYLKA