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■ beiseiteUnverdient

Und man dachte schon, es käme nichts mehr: Doch es gibt sie noch, die Stasiskandale. Zum letzten bekanntgewordenen Fall, den der Leiterin des Kabaretts „Die Distel“, Gisela Oechelhaeuser, gibt es einige Neuigkeiten, die jedoch seltsam vertraut klingen. Oechelhaeuser hat sich jetzt in einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt und darin zwar zugegeben, in der Vergangenheit eine Verpflichtungserklärung bei der Staatssicherheit unterschriben zu haben, doch habe sie das über all die Jahre völlig vergessen. „Natürlich habe ich mich zu fragen, wie naiv und dumm das war“, schreibt sie. Nun habe sieEinblick genommen in ihre Akte und darin Berichte aus der Zeit vorgefunden, in der sie Leiterin der Hauptabteilung Kultur der Karl-Marx-Universität Leipzig war. Die Akte enthalte neben der Verpflichtungserklärung Berichte über die Abteilung, der sie vorstand, ebenso wie Charakterisierungen von Kollegen. Doch sie enthalte, so versichert Oechelhaeuser, „keine Hinweise auf Geschenke, Begünstigungen, üble Nachrede und auch keine Auskünfte über den Intimbereich der Betroffenen.“ Oechelhaeuser, die gleich nach Bekanntwerden ihrer Stasimitarbeit von der Distel-Leitung zurückgetreten war, hatte das Berliner Kabarett seit 1990 geleitet. Das Ensemble der Distel zeigt sich geschockt von den Enthüllungen, Peter Ensikat erklärte, man wisse noch nicht, wie man jetzt dem Publikum gegenübertreten solle. Immerhin sei man erleichtert, daß Oechelhaeuser ja offenbar niemandem geschadet habe. Auf jeden Fall läßt sich die Kabaretttruppe nicht nachhaltig aus der Ruhe bringen: Das Programm wird heute abend unter dem launigen und schön passenden Titel „Das haben wir nicht verdient“ wiederaufgenommen.

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