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bahn vs. obdachloseDer Traum von der Luxuslobby

Schon seit über einem Jahrzehnt will die Bahn nicht mehr jeden Kunden. Seit der Einführung des ICE umwirbt sie allein zahlungskräftige Geschäftsreisende und hat ihre Bahnhöfe mit Einkaufszeilen bis zur Unkenntlichkeit umgestaltet. Gleichzeitig machte sie mit einer höheren Sicherheitspräsenz einer angestammten Bahnhofsklientel den Platz streitig.

Kommentar von JÖRN KABISCH

Doch das sind nicht nur Obdachlose. Neben ihnen sitzen in den Bahnhofsmissionen verirrte alte Leute, neu ankommende Flüchtlinge, Straßenkinder oder einfach nur schrullige, einsame Menschen. Ihnen allen hat Bahnchef Mehdorn im Frühjahr endgültig den Kampf angesagt. Er will, dass die Essensausgabe in den Sozialstationen verschwindet. Motto: „Wir sind nicht die Wärmestube der Nation.“ In Berlin wird mit dem Hausverbot für Pater Klaus nun ein Exempel statuiert.

Wärmestube war der Bahnhof jedoch nie, sondern ein Ort der Anonymität, mit Anlaufpunkten, die stets geöffnet hatten, egal ob Imbiss oder Mission, der die Chance für schnelle Bekanntschaften bot. Das war und ist für soziale Außenseiter interessant – nicht das Essen, und daran hat die Bahn nie etwas ändern können. Sie hat mit ihren Bahnhofsumbauten die Attraktivität sogar verstärkt.

Das zeigt schon ein Blick in die Großflughäfen, die Vorbilder für die neue, austauschbare Bahnhofsarchitektur. Von wegen exklusive Atmosphäre. Auch dort halten sich die Außenseiter auf. Auch dort sind deswegen Missionen eingerichtet worden. Die Klientenzahlen sind mit denen am Bahnhof längst vergleichbar.

Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, den der Bahnchef ausficht. Am Ende werden er und sein Unternehmen im Luxus gestorben sein.

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