aufreger: Journalist in Marokko wird mit israelischer Software ausspioniert
Sie haben alles, meine Nachrichten, meine Fotos. Sie kennen mein ganzes Leben“, sagt Omar Radi, Investigativjournalist aus Marokko. Wegen Recherchen zu Korruption und seiner Unterstützung der Protestbewegung „Hirak Rif“ ist Radi dem Staat schon lange ein Dorn im Auge. Im März erst wurde er zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Doch schon vorher hat der marokkanische Staat offenbar angefangen, ihn auf seinem Mobiltelefon auszuspionieren. Die israelische Firma NSO soll die Spy-Software unter dem Namen Pegasus zur Verfügung gestellt haben. Von Israel aus wurde die Software nach Marokko verkauft.
NSO verkauft ihre Überwachungssoftware an Regierungsorganisationen, die damit Terrorismus bekämpfen sollen. Doch laut Recherchen von Amnesty International und des Journalistennetzwerkes Forbidden Stories werden damit auch immer wieder Journalist*innen ausspioniert. „Wir haben Beweise gefunden, dass die Pegasus-Spyware verwendet wird, um Menschen in mindestens 45 Ländern auszuspionieren“, berichtet Bill Marczak von Citizen Lab. Zu diesen Ländern gehören auch zahlreiche diktatorische Regime. Auch nach Saudi-Arabien soll die Firma ihr Spionageinstrument verkauft haben. Verschiedene Medien gehen davon aus, dass auch der saudische Journalist Jamal Khashoggi, der 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet wurde, mit Pegasus ausspioniert wurde.
„Sobald das Telefon infiziert ist, kann man sagen: Game Over“, sagt Claudio Guarneri, Leiter des Sicherheitslaboratoriums von Amnesty International. „Die Person, die die Software verwaltet, hat Zugang zu praktisch allen Daten, die Sie auf dem Gerät haben.“ Das Besondere an der Software ist, wie unbemerkt man damit über Sicherheitslücken ein Handy infizieren kann, etwa durch Sprachanrufe über WhatsApp.
Bereits im Oktober 2019 hatte Amnesty einen Bericht über die Verwendung von NSO-Produkten in Marokko veröffentlicht. Darin ging es auch um zwei Menschenrechtsaktivist*innen, die mit dem Spähprogramm ausspioniert worden waren. Einen Monat vor der Veröffentlichung hatte sich das israelische Unternehmen verpflichtet, die Menschenrechte zu achten und einen Jahresbericht über seine Transparenz und Verantwortung zu veröffentlichen. Außerdem gab sie an, ein Ethik-Gremium einzurichten, das jeden Kunden prüfen solle. Der Fall Omar Radi ist seit dieser Erklärung der erste bekannt gewordene Fall, in dem die Software wieder gegen einen Journalisten gerichtet wurde. Judith Poppe
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen