apokalypse der woche: Rückkehr des Albtraums
Die Staubstürme der „Dust Bowl“ sind ein Albtraum in der Geschichte der USA: In den 1930er Jahren verwüstete eine schwere Hitze die Ackerflächen des Mittleren Westens. Übernutzung, fehlende Bewässerung und Verlust von Boden ruinierten mitten in der Weltwirtschaftskrise die Kornkammer Nordamerikas. Besonders betroffen waren Kansas, Texas und Oklahoma, wo allein 15 Prozent der Bevölkerung dem Land den Rücken kehrten. Tausende von „Okies“, verzweifelten Farmern, verließen die Gegend und zogen als Tagelöhner über die Route 66 nach Kalifornien. John Steinbeck setzte ihnen mit dem Buch „Früchte des Zorns“ ein literarisches Denkmal.
Mit dem Klimawandel wird es deutlich wahrscheinlicher, dass sich so ungewöhnliche Wärme und Trockenheit wiederholen könnten. Extreme Hitze in der Region wie 1934 und 1936, die bisher statistisch einmal im Jahrhundert auftrat, sei nun alle 40 Jahre zu erwarten, ist das Resultat der Untersuchung eines Teams der Oxford-Universität, das in der Zeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht wurde. Steigen die globalen Temperaturen über 2 Grad – wonach es derzeit aussieht –, reduziert sich die Wahrscheinlichkeit auf 20 Jahre. „Auch hoch industrialisierte Länder sind anfällig für Hitze und Dürre“, sagte Friederike Otto vom Environmental Change Institute der Uni Oxford, eine der Autorinnen, gegenüber dem Guardian.
Die High-Tech-Landwirtschaft ist heute besser gewappnet als vor knapp 90 Jahren. Aber die Bauern zwischen Kansas und Texas nutzen bereits jetzt mehr Grundwasser, als sich auf natürlichem Weg wieder bildet. Riesige Felder und der Verzicht auf die Pflanzen, die an die ursprüngliche Prärie angepasst sind, erhöhen das Risiko.
Für Otto ist die Konsequenz aus ihren Daten, die Welt müsse „sehr bald zu globalen Null-Emissionen kommen“. Ob die Warnungen vor der Rückkehr des „Staubsturm“-Albtraums gehört werden, ist fraglich. Wie in den 30er Jahren rutschen die US- und die Weltwirtschaft in eine Rezession. Auch die Farmer des Mittleren Westens leiden unter der Coronapandemie und nachlassendem Appetit auf Fleisch. Aber anders als vor 85 Jahren sitzt in Washington ein Präsident, der die Warnungen der Wissenschaft ignoriert – und der eine solide Wählerbasis gerade in diesen bedrohten Regionen hat. (bpo)
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