piwik no script img

american pieFlügellahmer Schmetterling

Angefressen: Newton Foto: USA Today

FOOTBALL Was ist nur mit den Carolina Panthers und Quarterback Cam Newton los?

Er hatte sich herausgeputzt. Ein fescher Hut auf dem Kopf, ein edler blaugrau-gemusterter Anzug und eine Fliege um den Hals, die aussah wie ein Schmetterling, der gleich abheben würde. Als Cam Newton zur Pressekonferenz erschien, sah er aus, als wäre er auf den Weg zu einer Electro-Swing-Party, dabei kam er von einer Beerdigung erster Klasse. Gerade hatten der NFL-Superstar und seine Mannschaft, die Carolina Panthers, 38:41 in New Orleans verloren. Die Niederlage gegen die Saints, die sich bislang nicht mit Ruhm bekleckert hatten, war die fünfte in nur sechs Spielen für eine Mannschaft, die vor acht Monaten noch in der Super Bowl gestanden hatte.

Nun haben die Abgesänge auf die als Titelfavoriten gestarteten Panthers eingesetzt. Derzeit rangieren nur die schon traditionell erbärmlich schlechten Cleveland Browns noch hinter den Panthers in der Tabelle. Die Chancen, dass Carolina sich für die Playoffs qualifiziert, geschweige denn wieder das Endspiel erreicht, sind auf ein Minimum gesunken. Entsprechend angefressen war Newton. Im Kontrast zu seinem farbenfrohen Outfit guckte der 27-jährige Quarterback grimmig in die Runde und beantwortete die allermeisten Fragen erst gar nicht. „Next question“, brummte er missmutig, und stürmte nach nicht einmal anderthalb Minuten genervt vom Podium. Vorher hatte er festgestellt: „Wir müssen einfach besser spielen.“

Nun ist die Häme groß. Nicht nur in den sozialen Netzwerken machen sich die Menschen lustig über den gefallenen Superstar und seinen exzentrischen Aufzug. Fernsehexperte Deion Sanders, der einst, als er selbst noch Spieler war, ebenfalls zur Exzentrik neigte, fragte mit überschnappender Stimme: „Wie kannst du so etwas anziehen, wenn du verloren hast? Und wie kann eine Mannschaft, die eben noch so gut war, plötzlich so schlecht werden?“ Im vergangenen Jahr waren die Panthers ähnlich souverän durch die Saison spaziert wie Guardiolas FC Bayern durch die Bundesliga. Ein einziges Spiel hatte die in Charlotte ansässige Mannschaft verloren auf ihrem Weg in den Super Bowl. Dort allerdings spielte man richtig mies, vor allem Cam Newton, und verlor gegen Denver. Dass es genau so in der neuen Spielzeit weitergehen würde, damit hatte niemand gerechnet.

Nicht zu rechnen war mit einer derartigen Verletzungsserie. In der vergangenen Woche hatte Newton selbst wegen einer Gehirnerschütterung aussetzen müssen. Aber den Panthers fehlen in allen Mannschaftsteilen wichtige Profis, vor allem in der Passverteidigung, aus der sich gleich drei Stammkräfte abgemeldet haben. Außerdem hat Carolina vor der Saison den Vertrag mit seinem besten Verteidiger nicht verlängert: Josh Norman läuft jetzt für die Washington Redskins auf. Kein Wunder, dass die Gegner allzu leichtes Spiel haben: Der Panthers-Defense gelang es, den 37-jährigen Saints-Quarterback Drew Brees aussehen zu lassen, als sei der Altmeister in einen Jungbrunnen gefallen.

Auf der anderen Seite wirkte der zehn Jahre jüngere Cam Newton bisweilen wie vor der Zeit gealtert. Auch wenn sein Trainer das anders sehen wollte: „Cam hat gute Entscheidungen getroffen“, sagte Headcoach Rin Rivera, „das sieht man doch schon am Ergebnis. Mit 38 Punkten sollte man ein Spiel gewinnen können.“ Das ist fraglos richtig, Newton spielte gegen die Saints tatsächlich stark, bisweilen sogar spektakulär. Auch Ted Ginn Jr., einer von Newtons Passempfängern, wollte seinen Quarterback nicht verantwortlich machen für die Misere: „Unsere Probleme sind nicht die Schuld eines Einzelnen, sondern wir alle haben Schuld.“ Wahr ist aber auch, dass Newton lange nicht mehr so gut in Form ist wie noch in der Vorsaison, als er zum wertvollsten Spieler gewählt wurde und zum unangefochtenen Aushängeschild der NFL aufstieg. Statistisch gesehen sind in diesem Jahr 24 Quarterbacks besser als Newton. In einer Rangliste liegt Newton aber bis auf Weiteres noch unangefochten vorn: in der der modebewusstesten Footballprofis.

Thomas Winkler

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen