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Zwischen Rauch und Rausch

■ Die Psyche-Delight-Filmtage stellen über die Feiertage bewußtseinserweiternde Streifen vor

In einem dieser Cheech &Chong-Filme, die nüchtern unerträglich sind, bekifft aber zu großen Werken der Filmkunst mutieren, wacht der zappelige Cheech (oder war es Chong?) einmal in einer Zwangsjacke auf, die mit einer Kette an der Wand befestigt ist. Im nächsten Moment kommt sein cooler Kumpel herein und verkündet die sensationelle Neuigkeit: „Weißt du, wo wir gelandet sind? In der Klappsmühle.“

Die Szene ist bei den Psyche-Delight-Filmtagen, die das Metropolis über Ostern veranstaltet, zwar nicht zu sehen. Wohl aber der weißbekittelte Anstaltsleiter, der kurz darauf den Raum betritt und Cheech die Freiheit verspricht – mit Hilfe eines besonderen Schlüssels, den er ihm unter die Zunge legt. Der dämonisch lachende Seelenklempner ist natürlich niemand anders als Dr. Timothy Leary höchstpersönlich. Ihm ist ein eigener Kurzfilmabend gewidmet (Timothy Leary's Dead, Freitag, 23 Uhr).

Daneben taucht er auch in mehreren anderen Vorstellungen auf, etwa in dem Programm mit US-Underground-Filmen der 60er und 70er Jahre, das die Veranstalter als einen „Höhepunkt“des Festivals bezeichnen (Gathering of the Tribes, Sonntag, 20.30 und 23 Uhr).

Leary hatte sich in den letzten Jahren bekanntlich sehr für die bewußtseinserweiternden Potentiale des Cyberspace interessiert. In der Tat können die digitalen Medien bisher unverbundene Bereiche unserer Gehirne miteinander vernetzen und der Fantasie und Kreativität ganz neue Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen. Eine besondere Rolle spielt dabei die Computergrafik.

Deren gegenwärtiger Stand wird in dem zweistündigen Video Mathematics for Lovers demonstriert, das im Laufe von fünf Jahren auf Super-Computern von IBM und der Cornell Universität in New York errechnet wurde (Sonntag, 18 Uhr).

Voläufig noch besser erprobt ist aber die Manipulation des Gehirns mittels chemischer Substanzen. Immer wieder aufregend: das Warten auf die ersten Wirkungen der Droge („Merkst du schon was?“). In Roger Cormans Klassiker Der Trip sind sie recht überzeugend wiedergegeben. Da nimmt der Protagonist eine Orange in die Hand und betrachtet sie voller Staunen: „Sieh dir das an! Ist das nicht fantastisch!“Und dann geht's richtig ab – nach einem Drehbuch von Jack Nicholson übrigens.

Der habe uns mit diesem Film die Wichtigkeit von Dosis, Set und Setting bei Drogenexperimenten nahebringen wollen, meinen die Programm-Macher Martin Aust und Bernd Upnmoor. Was sie nicht abgehalten hat, die Maßlosigkeit zu fördern: Kino-Junkies können für 90 Mark eine Dauerkarte erwerben und das gesamte Osterfest im Rausch der Filme verbringen.

Virtuella

Alle Filme laufen im Metropolis.

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